Für den Eurovision Song Contest 2005 in Kiew haben sich die Schweizer Fernsehverantwortlichen für eine «unkonventionelle Lösung» entschieden: Die estnische Girl-Band Vanilla Ninja vertritt die Schweiz bei dem Musikwettbewerb. Einziger Schweiz-Bezug der Band ist der in Basel geborene Produzent und Songschreiber David Brandes, wie Schweizer Fernsehen DRS in einer Mitteilung vom Dienstag schreibt. Nach Flops der vergangenen Jahre setzten die TV-Verantwortlichen dieses Jahr deutlich höhere Anforderungen an die Teilnehmenden. Newcomer kamen nicht mehr in Frage. Halbfinal und Final des nächsten Eurovision-Song-Contests mit Bands aus rund 40 Ländern finden am 19. und 21 Mai 2005 in Kiew statt. Weil die Schweiz beim letzten Mal mit «Musicstar»-Teilnehmer Piero scheiterte, muss sie wieder in die Vorausscheidung. Die Fernsehübertragungen werden voraussichtlich von 100 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern gesehen.
Die Unterhaltsungschefs von SF DRS, TSR und TSI hätten die zahlreichen Vorschläge Ende Oktober geprüft und sich einstimmig für Vanilla Ninja entscheiden, heisst es in der Medienmitteilung. Brandes gehöre zu den europäischen Top-Produzenten und habe weit über 10 Millionen Tonträger verkauft. Vanilla Ninja habe den internationalen Durchbruch geschafft, schreibt SF DRS. In Deutschland, Österreich und der Schweiz hätten die vier jungen Frauen Piret, Katrin, Lenna und Triinu bereits Erfolge feiern können. Neu ist es nicht, dass die Schweiz beim Eurovision Song Contest auf internationale Künstler setzt. Die Kanadierin Céline Dion gewann 1988 den Wettbewerb für die Schweiz.
Der Kabelnetz-Sender Swiss Music Radio hat sich am Dienstagabend «schockiert über die Entscheidung der Schweizer TV-Verantwortlichen» gezeigt, die Schweiz 2005 nicht durch Schweizer Künstler am Eurovision Song Contest vertreten zu lassen. Es gehe doch dabei nicht allein um den Sieg, sondern auch darum, ein Land 100 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern weit über Europa hinaus zu präsentieren. Die Schweiz mit Vanilla Ninja zu präsentieren sei etwa so, wie mit dem schiefen Turm von Pisa für Zermatt zu werben. In der Schweiz gebe es «über 100 interessante Künstler und Formationen mit internationalem Niveau, die die Schweiz würdig vertreten könnten». Swiss Music Radio bezeichnet deshalb die Entscheidung der Schweizer TV-Verantwortlichen «als einen Affront gegen die Schweizer Musikszene» und wirft die Frage auf: «Wo ist da die von Armin Walpen so hoch gepriesene Ideé Suisse und wo der Service Public?»
Dienstag
09.11.2004