Der Entscheid über den Abdruck von Inseraten fällt in die Zuständigkeit des Verlags. Bei politischen Inseraten sollten die Redaktionen jedoch zumindest angehört werden. Daran erinnert der Presserat in einer Stellungnahme vom Dienstag. Eine kritische redaktionelle Begleitung sei wünschbar bei Inseraten, die den politischen Diskurs besonders krass und einseitig zu beeinflussen suchten, schreibt der Presserat. Unabdingbar sei eine redaktionelle Stellungnahme bei diffamierenden und/oder menschenverachtenden Inseraten.
Im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen vom Herbst 2003 hatte die SVP in verschiedenen Westschweizer Tageszeitungen ganzseitige Inserate veröffentlicht. Darin stellte sie sich als einzige politische Kraft dar, welche die Bevölkerung schütze statt die «ausländischen Kriminellen» zu verhätscheln.
Die Schweizer Sektion der Internatinalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus beschwerte sich daraufhin beim Presserat über den Abdruck der Inserate durch die beiden Zeitungen «Tribune de Genève» und «24 Heures». Die beiden Redaktionen hätten den Abdruck der Inserate nicht stillschweigend zur Kenntnis nehmen dürfen. Die beiden Redaktionen wiesen die Beschwerde als unbegründet zurück, und der Presserat tritt in seiner Stellungnahme nicht auf die Beschwerde ein, soweit damit der verlegerische Entscheid über den Abdruck des Inserats beanstandet wird.
Die Zuständigkeit des Gremiums beschränke sich auf den redaktionellen Teil der Medien, weshalb sich der Presserat in konstanter Praxis nicht zum Verhalten der Verleger äussere. Weiter stellt der Presserat fest, dass andere Westschweizer Redaktionen den Abdruck des SVP-Inserats kritisch begleitet hätten. Das Inserat sei jedoch nicht offensichtlich diffamierend und/oder menschenverachtend gewesen. Deshalb sei eine redaktionelle Behandlung durch «Tribune de Genève» und «24 Heures» berufsethisch nicht zwingend geboten gewesen.
Dienstag
03.08.2004