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Sonntag
05.09.2004

In Deutschland haben die Medien bislang weniger auf den Schutz der Privatsphäre Prominenter achten müssen als in der Schweiz. Prominente müssen in Deutschland damit rechnen, fast überall von Paparazzi fotografiert zu werden. Es gibt zwei Ausnahmen: Die Prominenten sind in ihren Privaträumen, oder sie haben sich offensichtlich an einen «abgeschiedenen Ort» zurückgezogen. So hatte das deutsche Verfassungsgericht vor vier Jahren im Falle von Caroline von Monaco entschieden.

Die Karlsruher Richter befanden über Fotos, die Caroline mit einem Freund in einem Gartenrestaurant - einem öffentlichen Raum - zeigten. Das Paar hatte sich aber in dessen hinterstem Winkel versteckt. Dies sei ein verbindlicher Wunsch nach Privatheit, urteilten die Richter. «In der Schweiz herrscht die allgemeine Auffassung, dass öffentliche Personen - auch Politiker - ein Privatleben haben» sagt der Privatdozent für Medienrecht an der Universität Zürch, Urs Saxer, dazu. Für Menschen, die Rampenlicht stets suchten, gelte dies aber weniger.

Laut dem Präsidenten des Schweizer Presserats, Peter Studer, wurde beim Caroline-Entscheid zwischen «absoluten Personen der Zeitgeschichte» wie Weltstars, Politiker und Royals sowie «relativen Personen der Zeitgeschichte» unterschieden. Über Letztere - zum Beispiel Kriminelle - darf nur im Zusammenhang mit dem Ereignis berichtet werden, das sie «berühmt» gemacht hat.

Das Schweizer Bundesgericht hat laut Studer diesen etwas theoretischen deutschen Begriffsimport vor drei Jahren ergänzt mit einem «pragmatischen Zwischenbereich». Damals hatte der Zürcher Rechtsanwalt und Publizist Ludwig A. Minelli gegen die «Weltwoche» wegen Persönlichkeitsverletzung geklagt. Anlass war ein Porträt. Die «Weltwoche» hatte unter dem Titel «Wenn der alte Wilderer zum Jagdaufseher wird» Minellis Wandlung vom linken Machtkritiker zum scharfen Verteidiger der Prominenz gegen die Medien beschrieben.

Minelli blitzte in Lausanne ab, weil er selbst oft an die Öffentlichkeit getreten war. Das Bundesgericht sagte, über solche Leute dürfe «hin und wieder» in Text und Bild berichtet werden - sogar ohne direkte Aktualität.