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Montag
05.12.2011

Die Internetauftritte der Schweizer Behörden haben in einer inhaltsanalytischen Studie des Berner Instituts für Angewandte Argumentenforschung (IFAA), der ETH-Lausanne (EPFL) und der Universität Moskau schlechter abgeschnitten als die russischen Verwaltungsseiten. «Das hat uns selber überrascht», sagte Christoph Glauser vom IFAA am Montag gegenüber dem Klein Report. «Es zeigt aber auch, dass sich das Land online eben schon `bewegt`».

Beide Länder haben laut der Studie aber noch viel Potenzial, da bisher knapp mehr als die Hälfte der angebotenen Informationen von den Nutzern überhaupt aktiv gesucht würde. Das gilt aber auch für andere Länder, die «ungefähr gleich oder schlechter» abschneiden, wie Glauser sagte.

Ein Grund für das schlechtere Abschneiden ortet die Studie bei den Content-Management-Systemen, die für die Webseiten verwendet werden. In der Schweiz sind dies meist kostenintensive lizenzpflichtige Systeme von Microsoft, IBM oder Oracle. «Viele Bundesportale sind generisch gewachsen», so Glauser. «Das Gärtchendenken und die starke Fokussierung auf die Technologie verhindert oft eine bürgernahe Kommunikation.» In Russland dagegen wird auf Open-Source-Produkte gesetzt, welche in Bezug auf die Bürgernähe laut Studie oft besser funktionieren.

Ein weiterer Grund für das gute Abschneiden von Russland ist ein Gesetz, wonach die öffentliche Verwaltung sämtliche für die Bürger relevanten Informationen online zur Verfügung stellen muss. In Russland sind vor allem die Militär-, Geld-, Staats- und Gesetzesthemen gut dokumentiert. In der Schweiz dagegen sind dies Wirtschafts-, Energie-, Arbeits- und Verkehrsthemen. Russland bietet aber auch mehr Zahlen im Bereich der Archive und für die Unternehmen an als die Schweiz. «Russland fördert einerseits die Neugründungen, will aber andererseits auch immer noch stark kontrollieren», erklärte Glauser. «Das bedeutet auch für ausländische Unternehmen immer noch viel Papierkrieg. Aber alles muss online auffindbar sein.»

Die bürgernächste Website ist in der Schweiz die Seite der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), in Russland steht der staatliche Pensionsfonds an der Spitze der Rangliste. Am unteren Ende dieses internationalen E-Government-Benchmarks liegt in der Schweiz die Eidgenössische Alkoholverwaltung und in Russland der Föderale Steuerdienst.

«Die Ergebnisse werden von den Bundesämtern natürlich nachgefragt», so Glauser. «Wir hoffen aber auch auf eine spannende internationale Diskussion. In EU, UNO und OECD sind E-Government-Benchmarks und bessere Messmethoden seit Jahren ein grosses Thema.» Glauser selbst wurde im Jahr 2009 von der EU-Kommission als Preisrichter für den E-Government-Preis der EU gewählt.