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Sonntag
07.10.2007

Alle Jahre wird im Vorfeld der Verleihung des Literaturnobelpreises der Schwedischen Akademie über den Preisträger gerätselt. Auch dieses Jahr wird wacker mitgemacht. Eines ist jedoch sicher, es wird kein Schweizer Schriftsteller sein. Unser Land war einst mit Carl Spitteler 1919 und dem Tessin-Zuwanderer Hermann Hesse 1946 zum Zug gekommen. Heute jedoch vermuten die schwedischen Zeitungen, dass amerikanische Dichter wie Don DeLillo, Thomas Pynchon und Philip Roth auserwählt werden könnten.

Die Stockholmer Zeitung «Dagens Nyheter» hob am Wochenende gleich über zwei Seiten den US-Romancier Philip Roth in den Himmel. «Er hat seine besten Bücher jetzt im Spätstadium des eigenen Lebens geschrieben. Nach allen möglichen Auszeichnungen fehlt eigentlich nur noch der Nobelpreis», orakelte das Blatt. «Wir lesen immer das komplette Werk eines Autoren, und das mehrmals», behauptet der oberste Nobel-Juror Horace Engdahl in einem Interview mit «Aftenposten». Dies spreche für DeLillo, der ebenso wie der Daueranwärter Thomas Pynchon recht sparsam veröffentlicht werde.

Als wichtigster Einwand gegen die Vergabe des Preises und der damit verbundenen zehn Millionen Kronen (1,8 Millionen Franken) an Pynchon galt derweil immer, dass der zurückgezogen in New York lebende Autor keine öffentliche Person sein will. Pynchon würde sich mit Sicherheit nicht den obligatorischen Frack bei der Preisverleihung am 10. Dezember überstreifen oder überhaupt nur in Stockholm erscheinen.

Als Aussenseiter wird der Portugiese António Lobo Antunes gehandelt, und auch der südkoreanische Lyriker Ko Un wird als Preisträger herumgeboten. Deutschsprachige Autoren werden dieses Jahr nicht zu den Favoriten gezählt. Doch der Stockholmer Buchverleger Svante Weyler warnt vor voreiligen Schlüssen. Der Sekretär der Schwedischen Akademie, Horace Engdahl, gelte als einer, der die allgemeinen Erwartungen geradezu nicht erfüllte, meint Weyler. Der Literaturwissenschaftler Engdahl gibt sich im Gespräch mit «Aftenposten» gelassen: «Das Ganze ist ein Medienhappening und eine karnevalistische Begebenheit.» Jetzt weiss man natürlich nicht, ob die Äusserung Engdahls den Medienrummel oder die Preisverleihung betrifft.