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Dienstag
14.01.2003

Die Neugierde einer breiten Öffentlichkeit begründet noch kein öffentliches Interesse: Im Fall Borer/Ringier stellt der Presserat eine schwere Verletzung der Intim- und Privatsphäre des Ehepaars Borer-Fielding durch die Ringier-Presse fest. Die Berichterstattung von «SonntagBlick» und «Blick» über ein angebliches Verhältnis des damaligen Botschafters Thomas Borer mit einer Visagistin gehöre eindeutig zur Intimsphäre der Betroffenen, hielt der Presserat am Dienstag in einer Erklärung fest. Auf deren Respektierung hätten auch Personen des öffentlichen Lebens Anspruch.

Der Presserat stellte auch fest, dass kein öffentliches Interesse vorliege, das die Berichterstattung gerechtfertigt hätte. Es entspreche der Natur des Menschen, sich für den Intimbereich anderer zu interessieren. Dies dürfe aber nicht mit einem öffentlichen Interesse verwechselt werden. Ein öffentliches Interesse habe auch nicht daraus abgeleitet werden können, dass Borer durch die angebliche Affäre erpressbar geworden sein soll.

Für unwesentlich hielt der Presserat auch die Frage, ob die Schilderungen tatsächlich wahr oder falsch waren. Offensichtlich unlauter sei zudem die Bezahlung eines Informationshonorars von 10 000 Euro an die betroffene Frau gewesen, hiess es weiter. Es bestehe in diesen Fällen die Gefahr, dass eine Information aus kommerziellen und nicht aus publizistischen Gründen weitergegeben werde. Die Beschwerdeinstanz für medienethische Fragen stellte deshalb eine Verletzung der Privat- und Intimsphäre fest und hiess eine Beschwerde von Thomas Borer gut. An die aussergerichtliche Einigung der Parteien sah sie sich nicht gebunden. Mit dem Ringier-Verlag, der sich öffentlich entschuldigt hatte, einigte sich Borer in einem aussergerichtlichen Vergleich.

Das Urteil des Presserates entspreche den Erwartungen des Ringier-Verlages, sagte dessen Sprecherin Myrta Bugini auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Verleger Michael Ringier habe im vergangenen Juli bereits ausführlich Stellung genommen und sich entschuldigt. «Dem haben wir nichts mehr beizufügen.» Der Ringier-Verlag hatte sich am 14. Juli 2002 mit Thomas Borer und seiner Ehefrau Shawne Fielding in einem aussergerichtlichen Vergleich geeinigt. Michael Ringier entschuldigte sich und zahlte dem Ex-Botschafter ein Schmerzensgeld für den Schaden, den er als Folge der Berichterstattung erlitten hatte.

Der Entscheid entspreche auch seinen Erwartungen, weiter wolle er dazu aber nicht Stellung nehmen, sagte auch Borer auf Anfrage der sda. Den vollständigen Entscheid des Presserates finden Sie unter http://www.presserat.ch/15990.htm - Alles zur Ringier-Borer-Affäre im Archiv