Haben wir wirklich auf diese Sendung gewartet, in der sich Männer und Frauen für ein bisschen Schönheit medienwirksam unters Messer legen? Schnippeln für die Schönheit ist ganz gross in Mode. Fast jede fünfte Frau und jeder sechste Mann, so weiss der Fernsehsender RTL2, würden sich zwecks Verbesserung ihres Äusseren unters Messer legen. Grund genug für den privaten Programmanbieter aus München, die Beweggründe der Betroffenen zu analysieren. An diesem Donnerstag (22.10 Uhr) startet RTL2 die zehnteilige Reihe «Schönheit um jeden Preis - letzte Hoffnung Skalpell», in der Menschen auf dem harten Weg zu ihrem Schönheitsideal gezeigt werden. Die deutschen Medienwächter haben indes schon den Beobachtungsposten bezogen.
«Wir werden jede Sendung prüfen», sagt Wolf-Dieter Ring, Vorsitzender der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) der Landesmedienanstalten. Die KJM-Mitglieder beschlossen im Juli, dass Unterhaltungssendungen mit dem Inhalt Schönheitsoperationen nicht vor 23 Uhr ausgestrahlt werden dürfen, weil sie jungen TV-Zuschauern Vorbilder liefern könnten, die aus Jugendschutzgründen nicht akzeptabel wären.
Wer dieser Anweisung der Medienkontrolleure nicht Folge leisten sollte, dem drohen Bussgelder von bis zu 500 000 Euro. «Für unseren Beschluss haben wir eine einhellige gesellschaftliche Zustimmung bekommen», sagt Ring. «Auch der Verband der Schönheitschirurgen hat sich unserem Vorgehen angeschlossen.» Doch die TV-Sender haben rasch Gegenstrategien entwickelt, um ihre Programme auf den Sender zu bringen. RTL2-Unterhaltungschefin Katja Hofem-Best sagt, der Beschluss der KJM beziehe sich auf Shows. «Bei uns handelt es sich aber von vornherein um eine Reportagereihe mit kritischer Einstellung, die journalistisch aufbereitet ist.»
Nicht nur positiv verlaufende Fälle nach Schönheitsoperationen würden gezeigt, auch negative Beispiele stünden im Vordergrund. Der grosse Bruder RTL will demnächst die vierteilige Reihe «Alles ist möglich» ausstrahlen - mit zwölf Protagonisten, deren Leben vor und nach dem Eingriff geschildert wird. «Zehn Experten und zwei Psychologen haben uns bei der Entwicklung der Sendung zur Verfügung gestanden», sagt eine Sprecherin.
Das in der Branche mit grosser Spannung erwartete Projekt ist die Pro-7-Realityshow «The Swan», in der bis zu 16 Frauen Schönheitsoperationen an sich vornehmen lassen können. Das von der Firma Grundy Light Entertainment nach amerikanischem Vorbild entwickelte Format soll noch in diesem Jahr gezeigt werden. Das Kandidatinnen-Casting stehe kurz vor dem Abschluss, sagt eine Pro-7-Sprecherin. «Wir bleiben dabei: The Swan wird um 20.15 Uhr ausgestrahlt», sagt sie, denn zum Konzept der Show gehöre auch die «ausgewogene Berichterstattung» über die Folgen solcher Eingriffe. Die Medienwächter wissen aber: Es ist ein Unterschied, ob Dokumentationen sich mit bereits geschehenen Fällen befassen oder ob Kandidaten zur OP animiert werden.
Dienstag
17.08.2004