Der Chef von Deutschlands grösstem Privatsender hat sich erstmals konkret zur Entlassung seines Vorgängers Marc Conrad geäussert. Die Berufung sei ein Fehler gewesen. Auch für schwächelnde Marktanteile des Senders übernimmt Gerhard Zeiler die Verantwortung. «Wichtig ist, dass ein Sender und sein oberster Manager klipp und klar sagen, wohin die Reise geht», kommentierte Zeiler im Gespräch mit dem «Spiegel» den Abgang Conrads, der sich während seiner dreimonatigen Amtszeit an der Spitze von RTL fast komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte. «Es sollte eigentlich klar sein, dass ein RTL-Chef alles sein muss: nach drinnen der Kopf, nach draussen das Gesicht und, wenn Sie wollen, auch der Zirkusdirektor», so Zeiler.
Gleichzeitig wehrte er sich gegen Vorwürfe Conrads, der über Unstimmigkeiten nicht unterrichtet worden sein will: Es habe «keinen grossen Krach» mit Conrad gegeben, aber durchaus «die nötigen Gespräche». Vielleicht aber habe es auch eine «selektive Wahrnehmung» gegeben, «und die mag sogar Teil des Problems gewesen sein», so Zeiler zum «Spiegel». «Die Personalie war mein Fehler», sagte der alte und neue RTL-Chef. Und «wenn ich einen Fehler mache, bügle ich ihn auch aus», erklärte er seine eigene Rückkehr an die Kölner Senderspitze.
Dabei zeigte er sich gegenüber dem «Spiegel» auch selbstkritisch, was die aktuelle Situation von Deutschlands grösstem Privatsender angeht: Einer der Gründe für Flops und sinkende Marktanteile sei wahrscheinlich ein Zuviel an Innovationen: «Wir haben in den vergangenen 12 Monaten zu viele Programme in zu kurzer Zeit auf den Schirm gebracht.» Gleichzeitig habe man sich zu wenig um die sorgfältige Weiterentwicklung bestehender Erfolgsprogramme gekümmert. Die Folge: «Für einen Weltrekord sind wir momentan nicht fit genug.» Für Zeiler braucht RTL nun «keine Revolution, sondern eine selbstkritische Analyse mit anschliessender Evolution».
Sonntag
27.02.2005