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Dienstag
01.11.2011

Er ist eher für Katastrophenfilme wie «Independence Day» oder «Godzilla» bekannt. Nun hat der Schwabe Roland Emmerich, 1955 in Stuttgart geboren, einen raffinierten spekulativen Shakespeare-Film gedreht, der verschiedene Theorien über den genialen Dramatiker William Shakespeare zu einem Polit- und Liebesthriller verwebt: «Anonymous».

Shakespeare, so die spannende Filmfabel, war in Wahrheit der Adelige Edward de Vere Lord Oxford (Rhyns Ifans), der die berühmten Bühnenstücke verfasst hatte, mit Queen Elizabeth verbunden war und als adeliger Autor anonym bleiben musste. Vor dem Kinostart (3. November) gastierte der Regisseur vergangene Woche im Kino Corso, Zürich, und liess sich von Elisabeth Bronfen, Professorin für englische und amerikanische  Literatur an der Uni Zürich, befragen. Rolf Breiner, Filmexperte des Klein Reports, hat zugehört.

Studenten, Kritiker und Filmfreunde erfuhren im voll besetzten Kinosaal, dass Emmerich mit «Anonymous» einen eher günstigen Film gedreht hatte (für 23 Millionen US-Dollar), der nicht auf ein Popcorn-Publikum zugeschnitten ist. Emmerich, der sich selber zum Popcornfilm-Fabrikanten bekannte, beschreibt atmosphärisch dicht und packend, wie Kunst entsteht und das Wort über dem Schwert siegt.

Emmerich wies auch darauf hin, wie politisch die Dramen Shakespeares waren und sind - dazumal der Königin Elisabeth, gespielt von Vanessa Redgrave, einen Spiegel vorhalten sollten. Er führt im Film einen verschlagenen Realpolitiker vor, den bösen Königsmacher Lord Robert Cecil, der zwar gegen den Literaten Shakespeare/Edward de Vere gewinnt, aber dem Wort, der Dichtung unterliegt.

Mit Erstaunen nahm Emmerich dann zur Kenntnis, dass Elisabeth Bronfen, ihn mit Shakespeare verglich, weil der Filmer wie der grosse Dramenschöpfer von Stratford-upon-Avon sich ein Buch, einen Stoff vornahm, mit eigenen Erfahrungen und Bildern bereicherte. «Anonymous» ist ein «malerischer Film», der sich an den Gemälden Jan Vermeers anlehnt, Shakespeare vom Sockel holt und ihn neu aufrichtet. Kino - fast so gross wie die Dramen «King Richard III» oder «Macbeth».