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Donnerstag
28.04.2005

Anfangs wollte keiner auf ihn wetten. Doch Schawinski zeigt bei Sat.1 Standfestigkeit. Mittlerweile ist er der dienstälteste Chef der grossen deutschen Privatsender. Jetzt will er auch in der Schweiz wieder mitmischen, wie er im Interview mit «Tele» erzählt. Und er sagt auch, warum Sat.1 es allen zeigt.

Sein Erfolgsrezept? Schawinski: «Ich bin mit einem klaren Konzept angetreten. Das ist zu Beginn mit Erstaunen zur Kenntnis genommen worden. Jetzt realisiert man, dass ich das auch umsetze.»

Zu seinem Konzept: «Wir wollen nichts nachmachen, was die andern machen. Wir wollen kein Me-too-Sender sein, was Sat.1 jahrelang war. Wir setzen auf Qualität und suchen auch total neue Wege. Zum Beispiel mit so genannten Impro-Comedy-Sendungen wie `Genial daneben` oder `Schillerstrasse`.»

Wird aus Sat.1 ein Info-Sender? «Nein, überhaupt nicht. Aber Info-Kompetenz gehört dazu, wenn man in der ersten Liga mitspielen will. Mit dem gesellschaftspolitischen Talk fangen wir im Herbst an, also ein Jahr vor den Bundestagswahlen. Das passt. So wird es einfacher sein, Top-Politiker ins Studio zu kriegen.»

Zur Versuchung, beim geplanten Polit-Talk persönlich anzutreten? «Das schlagen mir einige vor, aber ich mache es nicht. Ich wäre nicht so gut informiert wie in der Schweiz. Es käme die Sprache dazu, und wenn die Sendung nicht von Anfang an ein Erfolg wird, dann wäre ich als Senderchef beschädigt. Die Leute würden zudem sagen: Jetzt will er auch das noch! Der Platz am Sonntagabend ist in Deutschland so etwas wie die Königsdisziplin.»

Zu seinem harten Start in Deutschland: Late-Night-Talker Harald Schmidt weg, sein Ersatz Anke Engelke ein Flop. Wie kam die Wende? «Grosse Kritik hagelte es im Oktober. Als ich die überstanden hatte, ist in Deutschland der Respekt gewachsen. Die haben gesehen, dass ich Standfestigkeit habe. In der Schweiz habe ich so viele Niederlagen erlitten, musste gegen so viel ankämpfen: zuerst gegen die PTT, dann gegen den ganzen Bundesrat, dann gegen die ganze SRG. So schnell hauts mich nicht um.»

Zum glücklichen Händchen mit neuen Sendungen äusserste sich Schawi so: «Da hat es definitiv gekehrt. Sat.1 steht jetzt mit ganz grossen Erfolgen da wie `Schillerstrasse` oder `Verliebt in Berlin`. Im Vorabend gab es in Deutschland seit zehn Jahren keinen Erfolg mehr, und jetzt haben wir dort den grössten. Jetzt gelte ich in der deutschen Presse mehrheitlich als erfolgreicher Sendermacher.»

Stolz? «Das erste Jahr brauchte ich, um meine Füsse auf den Boden zu kriegen. Das habe ich geschafft. Im zweiten Jahre habe ich angefangen, Visionen zu verwirklichen, und im dritten Jahr sollte es dann wirklich `einschenken.`»

Schawi als neuer Verwaltungsrat von Sat.1 Schweiz: «Es ist doch recht erstaunlich, dass ich jetzt im Schweizer Privatfernsehen wieder ins Spiel komme. Ich hätte nicht gedacht, dass es je wieder dazu kommen könnte.»

Zu seinen konkreten Plänen, den Schweizer Markt aufzumischen: «Wir prüfen, wo die Nischen sind. Dann kommen wir.»

Last, but not least nimmt Schawi auch Stellung zu den Gerüchten, dass ProSiebenSat.1 womöglich an Springer verkauft werden soll: «Was passieren wird, ist noch offen. Es interessiert mich im Moment nicht. Ich mache einfach meine Arbeit. Aber ich glaube, dass Haim Saban, der mit seiner Gruppe Mehrheitsaktionär ist, weiterhin bleiben wird. Veränderungen wird es vielleicht auf anderer Ebene geben. Springer ist heute schon dabei, und sie haben deklariert, dass sie eigentlich mehr möchten.»