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Samstag
22.07.2006

«Der Tessiner Financier und Grossaktionär der Jean Frey AG, Tito Tettamanti, holt Roger Köppel, Chefredaktor der deutschen Tageszeitung `Die Welt`, zurück zur `Weltwoche`.» Mit diesen gesalbten Worten beginnt eine Medienmitteilung vom Freitagmorgen. Roger Köppel (41) werde per 1. Januar 2007 die Aktienmehrheit der sich in Gründung befindenden Weltwoche Verlags AG (WW) übernehmen. Die Jean Frey AG wird eine Minderheitenbeteiligung von 40 Prozent halten. «Als Chefredaktor tritt Köppel am 1. Oktober 2006 die Geschäfte an.» Die interimistische Leitung der Redaktion übernimmt der stellvertretende Chefredaktor Markus Somm. Der intern bereits seit längerem als «Übergangslösung» bezeichnete Chefredaktor, Jürg Wildberger, übernehme «innerhalb der Jean Frey AG neue Aufgaben», heisst es kurz und knapp.

Fast ein bisschen zum Schmunzeln, wie sich der etwas ältere Financier Tito Tettamanti in der Mitteilung vollmundig zitieren lässt: «Diese unternehmerische Lösung wird die publizistische Kraft der Weltwoche weiter erhöhen. Sie wird zum einzigen Schweizer Qualitätsblatt, in dem publizistische und verlegerische Verantwortung in der Person eines ausgewiesenen Chefredaktors zusammenkommen.» Eine etwas gewagte Analyse, meint der Klein Report zur Aussage «...wird zum einzigen Schweizer Qualitätsblatt». Aber den überdrehten Tunnelröhren-Blick hat Tito Tettamanti bereits an der Verlegertagung in Interlaken in seiner Rede zu erkennen gegeben und sich nicht gerade als staatstragendes intellektuelles Element ausgewiesen - und als Kenner der manchmal etwas wilden Medienszene schon gar nicht. Am Alles-doof-Finden und Den-Staat-Abreissen haben sich die von Tettamanti so verhassten Alt-68er und heute etablierten Journalisten schon abgemüht und abgestrampelt. Einige hat es nach rechts aussen geschwemmt - ohne Schwimm-Flügeli.

Beim Axel Springer Verlag, wo Roger Köppel zurzeit Chefredaktor der «Welt» ist, hält sich die Trauer in Grenzen. Es gilt als offenes Geheimnis, dass der vorsichtshalber in ein Dreier-Team «eingebettete» Köppel nicht zum Bleiben gezwungen worden ist. Der deutsche Grossverlag gab zeitgleich wie die Jean Frey AG den neuen Chefredaktor der «Welt» bekannt. Thomas Schmid (60), «derzeit Ressortleiter Politik der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, wird zum frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens am 1. Januar 2007, neuer Chefredaktor der Tageszeitung `Die Welt`», teilte der Verlag mit.

Im Stil eines Überfallkommandos lud das Zürcher Verlagshaus am Freitagmorgen zur Medienorientierung an die Förrlibuckstrasse 70. 15 Journalistinnen und Journalisten folgten dem kurzfristigen Aufgebot. Vor dem Sitzungszimmer erwarteten die Medienleute bereits einige Journalisten der «Weltwoche», die auch an der Orientierung teilnahmen.

Filippo Leutenegger, CEO der Jean Frey AG, begrüsste etwas unkonzentriert die «lieben Kolleginnen und Kollegen». «Die Weltwoche» werde als Profitcenter aus der Jean Frey AG ausgegliedert und in eine eigene Aktiengesellschaft umgewandelt. Jürg Wildberger sei nicht mehr Chefredaktor und stehe für andere Aufgaben zur Verfügung. Der Jean-Frey-Grossaktionär Tito Tettamanti sei an den Verwaltungsrat der JFAG gelangt, um eine «unternehmerische Lösung» bei der «Weltwoche» mit Roger Köppel vorzuschlagen. Der seit mehr als einem Jahr amtierende JFAG-Verwaltungsratspräsident und Anwalt Martin Wagner erläuterte das unternehmerische Vorgehen der Ausgliederung und Gründung der Weltwoche Verlags AG.

Roger Köppel seinerseits betonte auf der Pressekonferenz, dass ab nächstem Jahr bei der «Weltwoche» ein «Paradigmenwechsel» stattfinde. Wie in den Gründerjahren der «Weltwoche» würden die unternehmerische und publizistische Verantwortung zusammengelegt. Das sei ein «ideales Modell» für dieses «interessanteste Blatt der Schweiz». Auf die Frage der Finanzierung seines 60-prozentigen Anteils an der «Weltwoche»-Aktiengesellschaft, antwortete Köppel: «Ich werde mein Vermögen investieren und den Rest mit Bankkrediten abdecken.» Damit konterte er auf den Hinweis eines Journalisten, dass Tettamanti wohl das Geld vorschiessen würde. Wie dem auch sei, meint der Klein Report, wenn Tettamanti etwas kann, dann, hintenrum etwas finanzieren. Ziehsohn Köppel dürfte hier noch ordentlich auf die Welt kommen. Vorderhand ist es für Köppel «eine riesige Herausforderung, aus dem Angestelltenverhältnis ins Unternehmerfach zu wechseln», wie er mehrmals betonte. Tettamanti sei mit diesem Vorschlag an ihn herangetreten.

An der Medienorientierung fehlte jedoch der Spiritus rector dieses Coup, nämlich Tito Tettamanti. Dieser scheint, nach den Antworten von Leutenegger und Wagner zu schliessen, das ganze allein eingefädelt zu haben. Lakonisch sagte der Jean-Frey-CEO: «Wir wissen nicht, wann und wie Herr Tettamanti diese Idee entwickelt hat. Er hat uns dies nur mitgeteilt.» Die Frage nach den Besitzern der Jean Frey AG
beantwortete VR-Präsident Martin Wagner wie folgt: «Tito Tettamanti, Gerhart Isler und ich halten als Grossaktionäre über 80 Prozent des Kapitals; ich persönlich besitze 10 Prozent.»