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Donnerstag
03.03.2005

Das revidierte Radio- und TV-Gesetz bedeutet für die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) einen totalen Rückschlag für die Alkoholprävention. Der Ständerat habe es versäumt, strenge Jugendschutzbestimmungen zu erlassen. Die SFA warnt vor den Folgen dieses «kurzsichtigen und unverantwortlichen Entscheids». Nach dem Entscheid des Ständerats darf künftig in allen privaten elektronischen Medien für Bier, Wein und Sekt geworben werden. Auch ausländische Sender mit einem Schweizer Fenster dürfen künftig Alkoholwerbung ausstrahlen. Dem generellen Werbeverbot für alkoholische Getränke untersteht fortan nur noch die SRG.

Viele Privatsender sprechen gemäss Mitteilung der SFA vom Donnerstag ein jugendliches Publikum an. Die SFA bedauert, dass der Jugendschutz in «diesem sensiblen Bereich wirtschaftlichen Interessen geopfert worden» sei. Bereits heute gebe der Alkoholkonsum der Schweizer Jugendlichen Anlass zur Sorge: Ein Viertel der Mädchen im Alter von 15 und 16 Jahren war schon mindestens zweimal im Leben betrunken, bei den gleichaltrigen Knaben sind es gar 40%, wie eine Studie der SFA zeigt.

Mit ihrer Werbung, die eine psychoaktive Substanz ausschliesslich positiv darstelle, beeinflusse die Alkoholindustrie das Trinkverhalten. Eine aktuelle Literaturanalyse von Prof. Jürgen Rehm (Institut für
Suchtforschung Zürich) zeige einen klaren Zusammenhang zwischen Werbepräsenz und Alkoholkonsum. Jugendliche lassen sich erwiesenermassen besonders leicht von Werbung beeinflussen. Werden sie nicht vor den Verheissungen der Alkoholindustrie geschützt, drohen früher Alkoholmissbrauch und entsprechende Folgeschäden (Unfälle, Alkoholvergiftungen, soziale Probleme wie Gewalt, Schulprobleme und Stellenverlust) ein noch grösseres Ausmass anzunehmen.

Aus diesen Gründen wäre es für die SFA eminent wichtig gewesen, dass die Risiken, die eine Lockerung der Werbeverbote mit sich bringt, durch strenge Jugendschutzbestimmungen eingeschränkt werden. Statt dem Vorschlag des Nationalrats zu folgen, habe der Ständerat aber einen Abbau des Jugend- und Gesundheitsschutzes vorgenommen. Im Besonderen wurde ein generelles Verbot von Werbung, Verkaufsangeboten und Sponsoring, die sich an Minderjährige richten, aus dem Gesetzesentwurf gestrichen und durch eine Reihe von Artikeln ersetzt, deren Jugendschutzbestimmungen weniger weitreichend sind.

Dass der Ständerat sich geweigert habe, griffige Jugendschutzbestimmungen in das revidierte Gesetz aufzunehmen, heisse, dass einer Mehrzahl der Mitglieder der kleinen Kammer zusätzliche Werbeeinnahmen für elektronische Medien wichtiger seien als die Gesundheit der Jugendlichen - eine nach Ansicht der SFA höchst fragwürdige Haltung.