In einem neuen Bericht über die Verletzungen der Pressefreiheit während des Gaza-Konfliktes im Dezember 2008 und Januar 2009 übt Reporter ohne Grenzen (RoG) scharfe Kritik sowohl an den israelischen Behörden als auch an der Palästinenserorganisation Hamas. Beide Seiten seien «für schwerwiegende Verletzungen der Presse- und Meinungsfreiheit verantwortlich», heisst es in dem am Dienstag veröffentlichten Untersuchungsbericht. Palästinensische Medienmitarbeiter seien im Zuge der 22-tägigen israelischen Militäroffensive in die Schusslinie geraten: Nach Informationen von RoG sind sechs Journalisten getötet worden, zwei unter ihnen während der Ausübung ihres Berufes. Rund 15 Medienmitarbeiter seien verletzt worden.
Ausführlich gehen die Autorinnen und Autoren des Berichts auch auf die israelischen Motive der Sperrung des Gazastreifens für ausländische Journalisten ein und bewerten die Auswirkungen dieser Nachrichtenblockade. Die Informationskontrolle im Gaza-Konflikt sei ein Ziel der israelischen Behörden gewesen, dahinter hätten militärische Erwägungen gestanden. «Nicht nur in diesem Konflikt ist die Nachrichtenkontrolle Teil der militärischen Strategie geworden, dies ist mittlerweile in vielen Kriegen Normalität», betont RoG in dem Bericht.
Auch die Hamas habe die Medien stark kontrolliert: Sie habe kritische Journalisten unter Druck gesetzt und bedroht. «Entgegen der Behauptungen der Hamas-Führung sind Journalisten nicht frei, die radikal-islamische Bewegung zu kritisieren, die Positionen anderer Fraktionen und Gruppen vorzustellen oder eine abweichende Meinung zu vertreten», heisst es in dem Report. Die Mehrheit der Journalisten, die RoG-Vertreter/innen während ihrer Untersuchungsmission interviewt haben, teile diese Einschätzung. «Keiner von ihnen würde sich aus Angst vor Repressionen jedoch öffentlich zu dieser Meinung bekennen», so RoG. Insgesamt seien 28 Journalisten wegen ihrer politischen Meinung seit der Machtübernahme der Hamas im Juni 2007 festgenommen worden.
RoG verurteilt ausserdem die Angriffe der israelischen Armee während des Konfliktes auf drei Gebäude, in denen ausländische und palästinensische Medien ansässig sind. ROG fordert die israelische Armee und Regierung auf, umgehend genaue Erklärungen zum Beschuss dieser infrastrukturellen Einrichtungen zu geben. ROG fordert eine unabhängige Untersuchung dieser Angriffe: «Die Vereinten Nationen müssen einfordern, dass sie an diesen Untersuchungen beteiligt werden. Auch Nichtregierungsorganisationen müssen einbezogen werden. Bei Untersuchungen der israelischen Armee zum Tod von Journalisten oder zur Bombardierung von Medien wurden Soldaten von jeglicher Verantwortung entbunden», kritisiert der Bericht zum Schluss. - Der vollständige Bericht «Operation `Gegossenes Blei`: Nachrichtenkontrolle als militärisches Ziel. Palästinensische Journalisten gefangen zwischen israelischem Beschuss und Drohungen durch die Hamas»: http://tinyurl.com/asdqwv
Dienstag
17.02.2009