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Dienstag
10.03.2009

Der Oberste Gerichtshof in Afghanistan hat die Verurteilung des Journalisten Sayed Perwiz Kambachsch wegen Blasphemie zu 20 Jahren Haft bestätigt. «Das Kabuler Gericht fällte die Entscheidung offenbar vor einem Monat, ohne den Verteidiger des Angeklagten anzuhören», schreibt Reporter ohne Grenzen (RoG) zum Urteil. Kambachsch war am 27. Oktober 2007 festgenommen worden, weil er angeblich blasphemische und den Islam verleumdende Äusserungen verbreitet hatte. Er arbeitete neben seinem Journalistik-Studium als Reporter für die Tageszeitung «Jahan-e-Naw» («The New World»). Gemäss Informationen von Reporter ohne Grenzen «hat Kambachsch jedoch lediglich einen Artikel über die Rolle der Frau im Koran aus dem Internet heruntergeladen - in Übereinstimmung mit dem Recht auf Meinungsfreiheit, das in der afghanischen Verfassung festgeschrieben ist.»

Reporter ohne Grenzen hält fest: «Zu keinem Zeitpunkt in diesem Verfahren konnte das afghanische Rechtssystem einen rechtmässigen Prozess garantieren. Nach dem Verfahren in erster Instanz hinter verschlossenen Türen in Abwesenheit des Anwalts und nach Unregelmässigkeiten während des Berufungsverfahrens hat der Oberste Gerichtshof nun ein sehr hartes Strafurteil aufrechterhalten - ohne nochmals den Anwalt des Angeklagten anzuhören. Dieses Urteil kommt um so überraschender, als dass keiner der von der Anklage zitierten Zeugen bestätigte, dass sie den angeblich blasphemischen Artikel aus den Händen von Kambachsch erhalten haben.»

Mohammed Afsal Nuristani, Kambachschs Anwalt: «Ich war auf dem Weg zum Obersten Gerichtshof, um das Dokument (Verteidigungsbrief) vorzulegen. Vor Ort wurde ich darüber informiert, dass der Gerichtshof bereits vor einem Monat entschieden hätte, das Urteil von 20 Jahren Haft aufrechtzuerhalten, und dass der Fall bereits wieder zurück an den Staatsanwalt verwiesen worden sei. Wie können sie so eine Entscheidung treffen, ohne abzuwarten, was die Verteidigung zu sagen hat?» Nuristani will sich dafür einsetzen, dass das Verfahren neu aufgerollt wird.

Sayed Perwiz Kambachsch sagte gegenüber Vertretern von Reporter ohne Grenzen während eines Gefängnisbesuches: «Ich habe von Anfang an erklärt, dass ich unschuldig bin. Nach dem Gesetz und der Verfassung habe ich keine Straftat begangen. Keines der beiden Gerichte bewies meine Schuld. Ich wurde nur auf Druck von bestimmten Personen hin verurteilt, nicht aufgrund der Gesetze.»

Ein Gericht hatte Sayed Perwiz Kambachsch am 22. Januar 2008 zunächst zum Tode verurteilt, wie die Vereinigung mitteilt. Am 21. Oktober 2008 wandelte ein Berufungsgericht in Kabul das Todesurteil in eine 20-jährige Gefängnisstrafe um.

Reporter ohne Grenzen appelliert an Präsident Hamid Karzai, von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch zu machen und Kambachsch unverzüglich frei zu lassen.