Die Reaktionen auf die Konzessionsentscheide von Moritz Leuenberger könnten unterschiedlicher kaum ausfallen. Die Stadtregierungen zeigen sich bis anhin glücklich mit den getroffenen Entscheidungen: Susanne Sorg, Sprecherin des Zürcher Stadtrates, meinte gegenüber der SDA, die Zürcher Regierung sei zufrieden. Es sei erfreulich, dass ihre Argumente und Empfehlungen gehört worden seien. Tatsächlich hat Moritz Leuenberger die Vorschläge des Zürcher Stadtrats eins zu eins übernommen.
Zufrieden sind auch die Städte Winterthur, Uster, Kloten, Illnau-Effretikon, Wetzikon, Rüti, Frauenfeld und Weinfelden, die sich allesamt für eine Konzessionierung von Tele Top ausgesprochen haben. Mit Tele Top von Medienunternehmer Günter Heuberger werde der einzige von den grossen Medienhäusern unabhängige Sender im Grossraum Zürich unterstützt, freute sich der Winterthurer Stadtrat in einer Mitteilung.
Nicht zufrieden mit dem Entscheid ist hingegen SVP-Nationalrätin Nathalie Rickli, obwohl auch sie, wie Tele Top, aus Winterthur kommt. In einer gemeinsamen Medienmitteilung mit Filippo Leutenegger, FDP-Nationalrat und Medienunternehmer, beklagt sie, der Bundesrat habe sich bei der Vergabe der Privatradio- und Privat-TV-Konzessionen gegen kommerziell erfolgreiche Sender entschieden. Damit stellten diese eine Umkehrung des Pluralitätsgedankens dar. «In Zürich geht mit TeleZüri ausgerechnet das älteste und kommerziell erfolgreichste Schweizer Privatfernsehen bei der Konzessionszuteilung leer aus», wird beklagt. Die Begründung, TeleZüri und Tele Top seien qualitativ ebenbürtig, und deshalb erhalte das kleinere TV die Konzession, sei «reichlich abenteuerlich».
Dass Erfolg beim Publikum für Leuenberger kein wichtiges Kriterium mehr sei, zeige auch der Entscheid gegen Radio Energy. Und: «Es zeigt sich erneut, dass das gültige RTVG eine Fehlkonstruktion ist und kein geeignetes Instrument darstellt, den Markt der Schweizer elektronischen Medien zu regulieren. Diejenigen, welche den Schweizer Medienmarkt belebt haben und welche das Mediengeschäft kommerziell am erfolgreichsten betreiben, werden abgestraft. Diese Missachtung von Erfahrung und wirtschaftlichem Erfolg entspricht nicht einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung, sondern einem bedenklichen staatlichen Dirigismus im Medienbereich.»
Auch der Verband der Privatradios geht mit dem Medienminister hart ins Gericht; er wirft Leuenberger Zynismus vor, weil dieser am Freitag vor den Medien gesagt hatte, die Menge der Arbeitsplätze bleibe bestehen. Jürg Bachmann, Präsident des Verbandes, beklagte am Freitag gegenüber der SDA, erstens seien es nicht dieselben Leute, die künftig eine Arbeit hätten, und zweitens seien die Journalisten auch in ihren Betrieben verwurzelt. Sie würden den Arbeitgeber deshalb nicht einfach ohne weiteres wechseln. Positiv wertete Bachmann, dass das lange Vergabeverfahren nun beendet sei. Er hoffe, dass die Branche einen Auftrieb erhalte, da die Rahmenbedingungen nun klar seien.
Weitaus diplomatischer äusserte sich Nationalrat Filippo Lombardi, Präsident des Verbandes Schweizer Privatfernsehen, Telesuisse. Zu den einzelnen Entscheidungen nahm er keine Stellung, betonte aber, dass die konzessierten Betriebe nicht nur mehr finanzielle Mittel und einige Verbreitungsvorteile erhalten, sondern auch einen neuen Leistungsauftrag mit Qualitätsansprüchen und Kontrollmechanismen.
Telesuisse bedauert sehr, dass einige ihrer Mitglieder, «die jahrelang mit Mut, Herzblut und erheblichen Kosten dem Publikum ihren Dienst angeboten haben», jetzt leer ausgehen. Nach Abschluss dieser Phase - da sich Verbandsmitglieder im Wettbewerb untereinander befunden haben - will sich der Verband mit neuem Schwung für die ganze Branche einsetzen. Angestrebt wird eine Zusammenarbeit konzessionierter und nicht konzessionierter Schweizer Programmveranstalter insbesondere im publizistischen und kommerziellen Bereich sowie bei der Suche nach neuen technischen Lösungen für die digitale Verbreitung in jeder möglichen Form.
Samstag
01.11.2008