Man rieb sich am Samstag an der Aare verwundert die Augen ob des massiven Polizeieinsatzes. Die Solothurner Altstadt, von Hundertschaften schwer gerüsteter Ordnungshüter abgeschirmt, sollte von Horden vermummter Anti-WEF-Demonstrierer heimgesucht werden. Der Verkehr wurde gestoppt, aber auch die Besucherstrom. So spärlich besetzt hat der Klein-Report-Beobachter Rolf Breiner, seit über 25 Jahren an den Filmtagen dabei, das Landhaus an einem Samstagabend noch nie erlebt. Gut ein Drittel der Stuhlreihen blieb leer.
Da klang es fast wie Ironie, dass Filmtage-Chef Ivo Kummer von einer neuen Besucherbestmarke sprach: 46 500 Eintritte (2008: 43 000) wurden seit Eröffnung durch Bundesrat Hans-Rudolf Merz am Montag, 19. Januar, verzeichnet. Lags am Film «Zara» von Ayten Mutlu Saray, einer schwer verdaulichen, bedeutungsschwangeren Reise zweier Frau in das Heimatkaff einer der Protagonistinnen, oder schlicht an der befürchteten Randale der Chaoten, dass der Besucherstrom an diesem Abend so dünn war?
Wie man später hörte, liessen die Protestler aus der Punkszene Feuerwerkskörper ab, worauf die Polizei mit Gummischrot zurückfeuerte. Rauch und die potenziellen Randalierer verzogen sich. Im Landhaus selbst wurden andere Rauchzeichen gesetzt beziehungsweise honoriert. Der engagierte Dokumentarfilm «No More Smoke Signals» von der Baslerin Fanny Bräuning über Sioux-Indianer in South Dakota heute wurde mit dem erstmals verliehenen «Prix du Soleur» ausgezeichnet. Dem Film wurde seitens der Jury ein Zusammenspiel von Bild, Ton und Montage attestiert, das «inhaltlich und ästhetisch überzeugt» (ab 16. April im Kino). Die Regisseurin sowie der Produzent Kaspar Kasics erhielten je 30 000 Franken Prix-Prämie für ihren engagierten Film, der «sich an humanistischen Idealen orientiert», so Stadtpräsident und Nationalrat Kurt Fluri. Den Publikumspreis (20 000 Franken) erhielt Léa Pool, der eine Retrospektive in Solothurn gewidmet war für ihre jüngste Arbeit «Maman est chez le Coiffeur».
Rauchzeichen gabs übrigens auch anderswo, nämlich vor den Beizen und Restaurants in Solothurn. Denn seit 1. Januar hat die Kantonsregierung das Rauchen in Gaststuben, Bars etc. verboten. Und so rotteten sie sich zusammen in den Gassen, um dem Glimmstengel zu frönen und strömten dann gegebenenfalls ab 22.30 Uhr ins «Kreuz», um zu paffen. Denn dort war es ausnahmsweise während der Filmtage in später Nacht erlaubt. Aber am Montag kehrt dort auch wieder der nikotinfreie Alltag ein. Im Film ist Rauchen freilich nach wie vor «in». Das führten verschiedene Werke vor Augen. Wenn geraucht wurde, gings um Gefühle, schwere Entscheidungen, dramatische Momente. Am besten brachte es die französische Schauspielerin Bulle Ogie im Schweizer Film «Un autre homme» auf den Punkt: «Ich rauche erst, seitdem es verboten ist.»
Sonntag
25.01.2009