Das in England bereits auf breiter Front eingeführte digitale Radio DAB (Digital Audio Broadcasting) war am diesjährigen RadioDay am Mittwoch in Zürich das wichtigste Gesprächs- und Diskussionsthema. Dabei waren sich fast alle Anwesenden, egal, ob auf den Podien oder im direkten Gespräch, einig, dass die neue Technologie kommen werde. Unklarheit herrschte indes über den Zeitpunkt. In England seien vor Weihnachten 2003 rund 300 000 DAB-Empfänger verkauft worden; für dieses Jahr habe er erfahren, dass nur noch ausschliesslich DAB-Radios in die Geschäfte kommen, erzählte Pietro Ribi von der SRG-Tochter Swiss Satellite Radio. DAB werde sich also sehr rasch verbreiten, wenn einmal ein Sendernetz stehe. Auch Karin Müller, Moderatorin bei Schweizer Radio DRS 1, spricht sich für DAB aus: «Das analoge Radio hat im Vergleich zur digitalen Radioübertragung weniger Flexibilität und weniger Leistung; es braucht eine Ablösung. Man muss in diese Technik investieren! In Deutschland beispielsweise redet man von einer 5-vor-12-Situation.»
Zentraler Punkt dabei ist deshalb die Frage, wie sich der Aufbau des Netzes finanzieren lässt. In einem von Rainer Stadler (NZZ) geleiteten Workshop skizzierte Peter Kettner von der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) die Absicht der Regierung des Bundeslandes, die Startkosten mit rund einer Million Euro im Jahr zu finanzieren. «Heute ist die DAB-Technologie erst am Anfang und noch schlechter, als sie in einigen Jahren hoffentlich sein wird», sagte er zur Begründung, weshalb man von den privaten Veranstaltern noch nicht erwarten dürfe, Geld dafür lockermachen zu können.
Auch die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) setzt laut ihrem technischen Leiter Hans Strassmann auf die neuen Möglichkeiten, die DAB offeriert (vor allem deutlich mehr, wenn auch nicht unbeschränkte Senderplätze). Er wehrte sich aber dezidiert gegen den Staat als Financier. «Es ist Aufgabe des Service public, das DAB-Netz aufzubauen, und die Privaten können zu den Vollkosten mitmachen», sagte er wörtlich und verneinte eine Gewinnabschöpfungsabsicht der SRG. «Es war ein Fehler, der SRG die ehemals staatliche Sender-Infrastruktur zu überlassen, und es wäre ein weiterer Fehler, der SRG auch den Aufbau des DAB-Netzes zu überlassen», wehrte sich Günter Heuberger, Präsident des Privatradio-Verbandes, entschieden gegen diese Aussagen. «Es geht medienpolitisch nicht, dass die Privaten weggedrängt werden, wenn die SRG allein das DAB-Netz aufbaut», lautete seine Kernaussage. «Es muss so rasch wie möglich eine substanzielle Technologieförderung erfolgen, damit die privaten Veranstalter auch eine Chance gegen die gebührenfinanzierte SRG haben.»
Den Standpunkt der Behörden vertrat schliesslich Marcel Regnotto, Sektionsleiter Radio und TV beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom): Die Situation sei «delikat», bekannte er. Der Bundesrat habe keine Sympathie für eine Technologieförderung, weil die Privaten ihre Argumente zu wenig überzeugend vorgetragen hätten. Persönlich frage er sich allerdings, ob es nicht eine Aufgabe des Staates wäre, den Kleinen zu helfen, um nicht unter die Räder der SRG zu kommen.
Mittwoch
01.09.2004