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Freitag
23.06.2006

«Es war kein leichter Entscheid», kommentierte Bruno Oetterli den Verkauf seiner Radiotele AG an die Publigroupe am Freitagmorgen. «Es bleibt für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen alles beim Alten. Radiotele bleibt eigenständig», so Oetterli gegenüber dem Klein Report, «die Firma wird innerhalb der Publigroupe als eigenständige Einheit weitergeführt und kann von den Synergien profitieren.» Er selber bleibe auch dabei. Der Verkauf trete per 1. Juli 2006 in Kraft.

Die Publigroupe «übernimmt sämtliche Aktien der Radiotele AG, Zollikon, von Bruno Oetterli und seinen Mitaktionären», schreibt der Lausanner Inseratevermittlungskonzern zur Transaktion. «Zum Kaufpreis werden keine Angaben gemacht.» Dem Klein Report sind die Zahlen bekannt. Der Preis liegt ein Vielfaches unter dem Kaufpreis der Kinovermarkterin Cinecom, welche die Publigroupe zu einem überrissenen Preis von ex McKinsey-Mann Peter Gmür am 8. Juli 2004 erworben hat. Bereits damals war die solide geführte Radiotele der Wunschkandidat der P.

Die Radiotele AG wurde 1976 von Bruno Oetterli gegründet. «Als Pionierunternehmen in der Vermarktung von Radiowerbung hat die Radiotele AG die Entwicklung der Kommerzialisierung dieser Mediengattung in der Schweiz massgeblich mitgestaltet und mitgeprägt. Heute vermarktet und vermittelt Radiotele Werbung in über 50 Privatradiostationen, in 17 Regional-TV-Stationen sowie für den Teletext (SWISS-TXT)», schreibt die Publigroupe. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Zollikon (ZH) und einem Zweigsitz in Bern beschäftigt 30 Mitarbeitende.

«Radiotele erzielte im Jahre 2005 einen Nettoumsatz von insgesamt 41 Mio. Franken. Der Anteil der Radiowerbung am Gesamtumsatz betrug 24 Mio. Franken, derjenige der TV-Werbung rund 15 Mio. Franken», so die P weiter. Im Vergleich zur Cinecom-Gruppe (u. a. Kino -10%, Sat-1-Werbefenster Schweiz +3%), welche die Publigroupe 2005 erstmals in ihrer Bilanz und Erfolgsrechnung mit einem Umsatz von 39 Mio. Franken auswies (2004, nur 2. Semester: 25 Mio. Franken), ist die Vermarkterin Radiotele geradezu eine (nachhaltige) Perle, was sich vor allem auch in der Firmenkultur zeigt. Die Cinecom publiziert nach aussen beispielsweise einen Brutto-Umsatz von 90 Mio. Franken.

Auf die Frage des Klein Reports, ob die «Geschäfte im Aufbau» (u. a. web2com, Cinecom, neu Radiotele), wie sie im Jahresbericht 2005 plötzlich heissen, zusammengefasst werden, sagte Hans-Peter Rohner: «Wir werden sicherlich organisationstechnische Voraussetzungen schaffen, um koordiniert am Markt aufzutreten.» Naheliegend wäre mit dem Kauf der Radiotele sicherlich eine personelle Veränderung an der Spitze dieser «Aufbau»-Firmen, um die Unternehmenskultur der Publigroupe auch auf die elektronischen Medien zu übertragen, was bisher in keiner Weise gelang. Gibt es demzufolge bald einen neuen CEO für diesen Bereich? Hans-Peter Rohner: «...denkbar.» Wann? «...in den nächsten Wochen...», so Rohner.

Mit dieser Akquisition ist dem CEO der börsenkotierten Publigroupe erstmals ein Coup gelungen, nachdem durch den Bereich New Business in den vergangenen Jahren Millionen in den Orbit verschwunden sind. Die Publigroupe erzielte 2005 ein «Betriebsergebnis (EBIT) von 72 Mio. Franken (2004: 76 Mio. Franken), wobei bedeutende Mittel für die Entwicklung neuer Aktivitäten in den Bereichen elektronische Medien und Online aufgewendet wurden» (siehe oben), wie die P. dazu schrieb. In den letzten Jahren hat das Unternehmen eher Werte vernichtet, als nachhaltig neue Geschäftsbereiche aufgebaut. Wer von den Print-Verlegern kann, springt von Bord, um den Umbau nicht komplett mitfinanzieren zu müssen.

Obwohl man auch sagen muss: Die Publigroupe ist heute mehr denn je (auch) eine Bank, wie dem Jahresbericht zu entnehmen ist: «Das den Publigroupe-Aktionären zurechenbare Nettoergebnis hat sich aufgrund stark gestiegener Finanzerträge um 28,3% auf 72 Mio. Franken erhöht (2004: 56 Mio. Franken).» Das gut geführte Kerngeschäft der Publigroupe, die Publimedia, ist unternehmensstrategisch das Herz der Firma, was vor allem die Vierte Macht betrifft und nun auch die Politik interessieren sollte - mit besonderem Blick auf die Querverbindung (Beteiligungen) der Publigroupe zur Swisscom. Im Verwaltungsrat der Publigroupe ist auch ein ex McKinsey-Mann vertreten, die Finanzer haben die P. im Griff. Man darf hoffen, dass Hans-Peter Rohner nicht der Letzte ist, der die Gespräche auf dem Börsenparkett hört.