Ein «neues Geschäftsmodell» hat Publigroupe-CEO Hans-Peter Rohner am Mittwoch erneut angekündet. In einem Interview mit der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» versprach er mehr Details dazu an der Jahresabschlusspräsentation vom 13. März. Denkbar ist ein Schritt in die Richtung, die der neue CEO der «Neuen Zürcher Zeitung», Albert Polo Stäheli, in einem Gespräch mit dem Klein Report zu Beginn des Jahres vorgeschlagen hatte. Die «P», so Stäheli, solle gewissermassen als nationales Backoffice funktionieren und nur noch den administrativen Teil des Inseratengeschäfts (Abwicklung, Administration, Inkasso usw.) erledigen und den direkten Kontakt mit den Werbekunden wieder den Medienanbietern (Verlegern) überlassen.
Wahrscheinlicher aber ist das «neue Geschäftsmodell» lediglich ein gewisses «Finetuning» der vor Jahresfrist gestarteten Allmedia-Strategie, wie dies eine Beratungsfirma der Publigroupe empfohlen hat. Unter diesem Titel sollen alle Kundenberaterinnen und Kundenberater Zeitungsannoncen, Radio- und TV-Spots sowie Werbung im Internet und auf mobilen elektronischen Geräten gleichermassen verkaufen. Der am Dienstag überraschend ausgeschiedene bisherige Schweizer «P»-Verkaufschef Thomas Bargetzi hatte im vergangenen September die Einführung der Allmedia-Strategie mit dem Lauf einer Halbmarathonstrecke von 21,1 Kilometern verglichen und erklärt, der Medienvermarkter sei damals etwa bei Kilometer 5 angekommen.
Im Gespräch mit «Le Temps» vom Mittwoch befasste sich der zusätzlich zum CEO-Job als Verwaltungsratspräsident vorgeschlagene Hans-Peter Rohner auch mit der schwierigen Situation des grössten schweizerischen Werbevermarkters. Im Moment brechen die Inserate im Monat nach seinen Worten um 20 bis 30 Prozent ein, wobei die Lokal- und Regionalblätter nach seiner Beobachtung weniger leiden als die nationalen Titel. Durch die Übernahme der Edipresse durch die Tamedia steht der «P» laut Rohner ein weiterer finanzieller Aderlass bevor. Heute erziele die Publigroupe mit Tamedia und Edipresse zusammen etwa 300 Millionen Franken Umsatz. Dieser Betrag werde bis 2010 auf 200 Millionen Franken schrumpfen.
Damit aber noch nicht genug. Ebenfalls am Mittwoch schrieb die «Neue Zürcher Zeitung» (die notabene mit der «P» über die Neue Presse Holding verbunden ist), auch die Mittelland-Zeitungs-Gruppe könnte der Publigroupe verloren gehen, ganz abgesehen von der NZZ, die ein Modell nach den Vorstellungen von CEO Stäheli anstreben wird. Bemerkenswert die Formulierung in der NZZ vom Mittwoch: Die «P»-Unternehmensführung habe «selber mehr oder weniger die unabhängige Plattform zerstört, die als Grundlage zur Inseratenvermarktung für möglichst viele Medienunternehmen nötig wäre.»
Zur Erinnerung: Die Freie Presse Holding hat die Beteiligungen an den Zürcher Landzeitungen («Zürichsee-Zeitung», «Zürcher Oberländer», «Zürcher Unterländer») von der «P» erhalten, die im Gegenzug die Pachtverträge vieler grosser NZZ-Titel erhalten hat. Und interessanterweise laufen laut Rohner im Moment Verhandlungen mit der zur NZZ-Gruppe gehörenden «Neuen Luzerner Zeitung» und dem «St. Galler Tagblatt» über die Verlängerung der Vermarktungsverträge.
Im selben Interview mit «Le Temps» hat Publigroupe-Chef Hans-Peter Rohner auch angekündet, den 20-Prozent-Anteil an der Edipresse verkaufen zu wollen, nachdem die Zürcher Tamedia das Schweizer Geschäft von Edipresse gekauft hat. Diese Beteiligung sei «nicht mehr strategisch», sagt Rohner und kündet einen Verkauf «auf mittlere Frist» an. «Wir sind nicht im geringsten unter Druck und können die Beteiligung noch eine gewisse Zeit halten», sagt er.
Mittwoch
04.03.2009