Einer der Höhepunkte am Publicitas-Forum vom Mittwoch in Zürich war das Referat von Professor Norbert Bolz, Medienphilosoph an der Technischen Universität Berlin. Ausgehend vom Erfolg der Internetfirmen Google, eBay und Amazon erklärte er, dass diese Angebote auch in Zukunft die traditionellen Medien stützen würden. Die drei genannten Firmen seien deshalb so erfolgreich, weil sie ihre Internetseite mit zahlreichen anderen verlinken, was es fast unvermeidlich mache, auf eine dieser Seiten zu gehen, wenn man Informationen, Waren, Bücher oder CDs suche. Auch einzelne Banken hätten diesen Trend mittlerweile erkannt, fügte er an, indem sie neben eigenen auch Angebote von anderen Finanzinstituten verkaufen. «Entscheidend ist ein möglichst grosses Angebot an Verknüpfungen», unterstrich er.
In diesem Zusammenhang ging Norbert Bolz auch auf die Stichworte Schwarmintelligenz und Wiki-Formate ein. Es sei spannend zu sehen, wie es beispielsweise das Publikum in der TV-Sendung «Wer wird Millionär?» fast immer schaffe, eine gestellte Frage zu beantworten, sagte er. Bei aller berechtigten Skepsis gegenüber der «Wisdom of the Crowd» mache dies halt doch deutlich, dass an dem Phänomen etwas dran sei. Auch Wikipedia-Informationen zu oft abgefragten Themen seien auf absolut perfektem Niveau. «Machen Sie den Versuch und schreiben Sie in ein breit interessierendes Thema einen Unsinn hinein», rief er zu einem Versuch auf, «und Sie werden sehen, dass Ihr Eintrag schon innerhalb einer Minute korrigiert wird.»
Solche «Selbstorganisation des Laien-Wissens», wie es Bolz nannte, werde auch in der Öffentlichkeit zu einem Strukturwandel führen, ist er überzeugt. Bereits sei zu beobachten, wie Weblogs eine «Öffentlichkeit der neuen Art» produzieren. Hier gehe es nicht mehr um Objektivität und analytischen Verstand, sondern um Emotionalität, Gefühl, Begeisterung und Authentizität, wobei sich die Wahrheit in der Art der Schwarmintelligenz aus dem Wettbewerb der Informationsquellen ergebe.
In diesem Konzert der Informationen, Stimmen und Meinungen hätten auch die herkömmlichen Medien ihren Platz, da sie dem Wunsch nach Orientierung und Aufmerksamkeit entgegenkommen. «Alle Helden des Internets», so spottete er, «schreiben ein Buch, wenn sie etwas wirklich Wichtiges machen wollen.»
Mittwoch
24.09.2008