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Mittwoch
01.02.2006

Die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den deutschen Axel-Springer-Verlag ist geplatzt. Nach wochenlangem Tauziehen mit den Wettbewerbsbehörden verzichtet Springer auf den milliardenschweren Kauf der Fernsehgruppe. Auf Grund der zahlreichen wirtschaftlichen und juristischen Unsicherheiten seien unzumutbare Risiken entstanden, teilte die die Verlagsgruppe am Mittwoch in Berlin mit. Daher werde das Vorhaben nicht weiter verfolgt. Der Kaufvertrag mit den Eigentümern des TV-Konzerns, einer Investorengruppe um den US-Milliardär Haim Saban, sowie das öffentliche Übernahmeangebot an die aussenstehenden Aktionäre seien damit hinfällig.

Springer hatte sich die Anteile für 2,5 Mrd. Euro gesichert. Sie fallen jetzt wieder an die bisherigen Eigentümer zurück. Das Kartellamt hatte die Übernahme am 23. Januar untersagt. Mit einer Klage oder einer Ministererlaubnis hätte die Übernahme trotzdem noch genehmigt werden können. Der Springer-Verlag, der unter anderem die Boulevardzeitung «Bild» herausgibt, verzichtet aber darauf.

Springer-Chef Mathias Döpfner hatte bereits deutlich gemacht, dass es für ihn in diesem Übernahmeverfahren Grenzen gebe. Unbeherrschbare Risiken wolle er zum Wohl der Aktionäre nicht eingehen. «Es ist bitter, aber ich glaube, es war richtig», sagte Döpfner laut einem Bericht der Online-Ausgabe des «Manager-Magazin» auf einer Betriebsversammlung des Verlags in Hamburg. Wirtschaftlicher Schaden sei dem Haus nicht entstanden: «Wir sind ohne Schramme geblieben.»

ProSiebenSat.1-Besitzer Haim Saban zeigte sich enttäuscht. Dennoch seien er und seine Investoren weiterhin sehr zufrieden mit der Entwicklung von ProSiebenSat.1 und mit ihrem Investment, erklärte Saban in einer Mitteilung. Auch ProSiebenSat.1 bedauert die geplatzte Übernahme: Der Deal wäre «eine gute Lösung für die Gruppe gewesen», sagte Konzernchef Guillaume de Posch in München. Die Sender Sat.1, ProSieben, Kabel eins, der Nachrichtenkanal N24 und der Quizsender 9Live würden sich nun «aus eigener Kraft weiterentwickeln», erklärte de Posch.

Über die Zukunft der Sendergruppe wurde am Mittwoch dennoch bereits heftig spekuliert. So wurden in Medienberichten die französische TF1 und die luxemburgische SBS als Interessenten gehandelt. Ein Konzernsprecher von TF1 bestätigte in einer ersten Reaktion ein generelles Interesse des Senders. Die «Financial Times» berichtete zudem, dass der US-Investor Blackstone ebenso Interesse an der Münchener Sendergruppe gezeigt habe, ebenso wie die amerikanische NBC Universal und Viacom. Saban hatte signalisiert, seinen Anteil verkaufen zu wollen.