Das Ausmass an häuslicher Gewalt ist in der Schweiz gross: Jede fünfte Frau war schon einmal betroffen - sprich von ihrem Mann geschlagen oder sogar zusammengestaucht worden. Dennoch wird das Thema in den Printmedien oft als Privatsache abgetan. Es wird schlicht bagatellisiert. Dies zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie, die den Umgang mit diesem Thema in den Printmedien untersuchte. «Die Art und Weise, wie Printmedien informieren, beeinflusst die Haltung der Öffentlichkeit», schreibt der Verein zum Schutz misshandelter Frauen und Kinder Zürich in einem Communiqué. Aus diesem Grund beauftragte der Verein das Psychologische Institut der Universität Zürich mit einer Studie. Ernüchterndes Fazit der Untersuchung: Häusliche Gewalt wird in den Medien selten als gesamtgesellschaftliches Phänomen behandelt. Oft wird das einzelne Delikt isoliert betrachtet und den langjährigen Gewaltgeschichten keine Beachtung geschenkt. Die Studie zeige zudem, dass allgemein zu wenig zum Thema recherchiert werde.
Häufig spiele bei Medienberichten zudem die Doktrin «Sex and Crime» mit. So war gemäss der Studie in 62% der Fälle von sexueller Gewalt die Rede, nur gerade in 19 Fällen aber von psychischer Gewalt. Dies ergebe ein verzerrtes Bild der Realität und lasse die weite Verbreitung alltäglicher Gewalt in Beziehungen ausser Acht. Weniger schwerwiegende Gewaltformen wie etwa Einsperren, Drohen oder Randalieren werden gemäss Studie tendenziell verharmlost. Weiter bemängeln die Untersuchenden, dass zu den meisten Fällen selten Hintergrundinformationen bekannt gegeben würden. In nur 12 Fällen von 351 fallbezogenen Artikeln wurde dies getan.
Insgesamt wurden in 38 verschiedenen Printmedien der Deutschschweiz 511 Artikel analysiert, die sich im Jahr 2002 mit dem Thema «häusliche Gewalt» befassten. 351 Berichte befassten sich mit 95 konkreten Fällen. Bei fast 60% handelte es sich um ein Tötungsdelikt. In 86% war der Täter männlich und das Opfer weiblich.
Dienstag
11.05.2004