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Dienstag
07.12.2004

Der Gestalter einer Internetseite, die sich an die Öffentlichkeit richtet, ist eine Person von öffentlichem Interesse. Ein Medium, das Angaben zu seiner Identität veröffentlicht, verletzt deshalb seinen Anspruch auf Schutz der Privatsphäre nicht. Zu diesem Schluss ist der Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme gelangt. Im September 2004 hatte «Le Matin online» über eine als Spiel konzipierte Internetseite berichtet, in der der Besucher in die Rolle eines Zuhälters schlüpfen musste. Er konnte Prostituierte kaufen, sie auf den Strassenstrich schicken, sie schlagen und zu Schönheitsoperationen veranlassen. Der Bericht nannte den Namen des Webdesigners und dessen Anstellung als Informatiker bei einem öffentlichen Spital. In der Folge wurde der Designer von seinem Arbeitgeber entlassen. Eine Drittperson gelangte daraufhin an den Presserat und rügte, «Le Matin online» habe die Privatsphäre und die Menschenwürde des Informatikers verletzt. «Le Matin» wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Der Presserat argumentiert, die Nennung des Namens dieses Webdesigners sei gerechtfertigt gewesen, da er sich mit seinem umstrittenen Spiel an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gewandt habe. Problematisch könnte allenfalls die Nennung des Arbeitgebers sein, doch habe sich der Informatiker im Interview mit «Le Matin Online» dazu vorbehaltlos geäussert und sogar behauptet, seine Vorgesetzten fänden das Spiel prima. Ebensowenig habe die Veröffentlichung der Aussage des Webdesigners, er führe mit seiner Partnerin ein «normales» Sexualleben, im Zusammenhang mit der Berichterstattung seine Privatsphäre oder Menschenwürde verletzt. Allenfalls könnte man sich letzteres bei der Inhaltsbeschreibung der Website fragen. Nach Auffassung des Presserats bestand jedoch ein genügend grosses öffentliches Interesse, die Leserschaft über die fragwürdige Internetseite zu informieren. - Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/21300.htm