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Dienstag
15.02.2005

Zwei Beschwerden zu einem Artikel in der Konsumentenzeitschrift «Saldo» haben der Schweizer Presserat dazu veranlasst, grundsätzlich festzuhalten, dass es vielfach besser ist die Publikation eines kritischen Artikels aufzuschieben, als ihn mit der Bemerkung zu publizieren, die Angeschuldigten hätten zu den Vorwürfen nicht befragt werden können. Auslöser dieser Anmerkungen ist ein im Februar 2004 veröffentlichter Beitrag mit dem Titel «Leichtes Spiel für Tarifsünder». Darin bezieht sich der Autor auf die Aussage eines Lesers, er habe bei der Kontrolle der Rechnung seines Arztes den Eindruck gehabt, es seien darin Leistungen aufgeführt, die gar nicht erbracht worden seien. Als dieser Versicherte dann seine Krankenkasse auf diesen vermuteten Betrug aufmerksam gemacht habe, habe ihn diese mit einigen Floskeln abgewimmelt. Als erschwerend für die Recherche erwies sich der Umstand, dass sowohl der Sprecher der Versicherung als auch der Arzt in den Ferien waren, als «Saldo» dem Thema nachgehen wollte. Hinterher erwies es sich nämlich, dass die Krankenkasse den Vorwürfen sehr wohl nachgegangen war. Und auch die Rechnungstellung des Arztes erwies sich als korrekt.

Da kein besonderer Zeitdruck für eine rasche Publikation des Artikels bestanden hatte, schreibt der Presserat zum Schluss seiner Stellungnahme wörtlich: «Die Anhörung Betroffener vor der Publikation schwerer Vorwürfe ist selbst bei Berichterstattung ohne Namensnennung dann unabdingbar, wenn es wahrscheinlich erscheint, dass diese aufgrund des Medienberichts für ihre berufliche Umgebung erkennbar sind. Ist die Anhörung des Betroffenen kurzfristig nicht möglich, ist die Publikation aufzuschieben, wenn nicht gewichtige Gründe für eine sofortige Veröffentlichung vorliegen. Wird der Medienbericht trotzdem sofort veröffentlicht, ist zumindest darauf hinzuweisen, dass der Betroffene für eine Stellungnahme nicht erreichbar war. Ausgehend von diesen Grundsätzen hätte «Saldo» die Publikation besser aufgeschoben. Zumindest wäre die Redaktion aber verpflichtet gewesen, im Artikel «Leichtes Spiel für Tarifsünder» darauf hinzuweisen, dass sich der betroffene Arzt wegen Ferienabwesenheit nicht zum Vorwurf überhöhter Rechnungsstellung äussern konnte.» - Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/21460.htm