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Dienstag
03.01.2012

«Blick» und «Sonntagsblick» haben laut dem Presserat mit zwei Berichten über Maserninfektionen in einer Thurgauer Sektengemeinschaft gegen die Ziffern 1 (Wahrheit), 3 (unbestätigte Meldungen), 5 (Berichtigung) und 7 (Identifizierung) der Pflichten und Rechte der Journalisten verstossen. Die beiden Artikel «Alarm im Thurgau - Bei Sektengottesdienst sechs Kinder mit Masern angesteckt» und «Die unheimliche Sektenmesse» wurden im April 2011 veröffentlicht und thematisierten einen möglichen Zusammenhang zwischen Gottesdienst und Masernansteckung, die in der Messe durch einen Besucher verursacht worden sein soll.

Der Presserat befand, dass es «selbstverständlich wünschbar und empfehlenswert wäre», die These, dass die Ansteckungen im Kanton Thurgau an einer «Sektenmesse» der «Organischen Christus-Organisation» erfolgt seien, in einen breiteren Kontext zu stellen. Die beiden Zeitungen seien aber nicht dazu verpflichtet gewesen, auch wenn der Zusammenhang «kaum direkt zu belegen sein dürfte».

Gegen die Ziffern 1 und 3 sei aber verstossen worden, weil die Zeitungen «mit der alarmistischen Aufmachung der Berichte der Leserschaft suggerieren, die behauptete Masernansteckung habe über die banale Tatsache hinaus, dass Viren bei grossen Menschenansammlungen häufig übertragen werden, etwas mit dem `unheimlichen` Inhalt der `Sektenmesse` zu tun».

Da die Zeitungen die Gegendarstellung, die der Anwalt von Sektenoberhaupt Ivo Sasek von «Blick» verlangte, nicht publizierten, stellt der Presserat zudem einen Verstoss gegen Ziffer 5 fest.

Einen weiteren Verstoss sieht der Presserat gegen die Ziffer 7 der Pflichten und Rechte. Zwar hätten weder «Blick» noch «Sonntagsblick» den Namen der betroffenen Familie genannt, aber «mit dem Wohnort, dem Namen und dem Bild der Strasse sowie mit der Angabe, dass es sich um eine Familie mit zehn Kindern handle, genügend Anhaltspunkte geliefert, um die Betroffenen deutlich über den Kreis derjenigen hinaus erkennbar zu machen, die ohnehin von der Masernansteckung und der Zugehörigkeit der Familie zur `Organischen Christus-Generation` wussten».

Nicht beanstandet hat der Presserat die Bezeichnungen «Sektenguru Ivo Sasek» und «unheimliche Sektenmesse», die Sasek als Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot (Ziffer 8) sah. Es sei nicht Aufgabe des Presserates zu beurteilen, ob es sich bei der religiösen Gemeinschaft des Beschwerdeführers um eine Sekte handle. Die Beschwerde, zu der der «Blick» keine Stellung genommen hatte, wurde vom Presserat deshalb teilweise gutgeheissen.