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Donnerstag
30.06.2011

Aus Sicht des  Presserates ist eine Karenzfrist von zehn Tagen für die Veröffentlichung von Meinungsumfragen vor Urnengängen im Zeitalter des permanenten Wahlkampfs überholt. Sie widerspricht für ihn zudem dem Recht der Öffentlichkeit auf Information. Dies hat der Presserat an seiner Jahrespressekonferenz vom Mittwoch bekannt gegeben.

Im Nachgang zu einer parlamentarischen Interpellation zur Publikation von Meinungsumfragen während Abstimmungs- und Wahlkämpfen lud die Bundeskanzlei im Herbst 2008 die interessierten Kreise zu einem runden Tisch ein. Gestützt darauf, überarbeitete der Verband Schweizer Markt- und Sozialforscher (VSMS) seine Richtlinien und bat den Schweizer Presserat im Herbst 2010, den Medien seinerseits zu empfehlen, bei der Publikation von Meinungsumfragen vor Wahlen und Abstimmungen eine Karenzfrist von zehn Tagen einzuhalten.

Der Presserat begrüsst zwar strengere Regeln im Umgang mit Meinungsumfragen, lehnt jedoch eine Karenzfrist mit der Begründung ab, eine solche sei mit der Informationsfreiheit nicht vereinbar. Es sei umstritten, ob Meinungsumfragen das Wahl- und Abstimmungsverhalten überhaupt beeinflussten. Da die briefliche Stimmabgabe zunehmend wichtiger wird, mache eine Karenzfrist ohnehin immer weniger Sinn. Und es sei stossend, wenn der Öffentlichkeit die Ergebnisse seriöser Meinungsumfragen vorenthalten werden, während die politische Propaganda ungehindert weiterlaufe.