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Dienstag
26.07.2005

Der «Tages-Anzeiger» hat in einem im August 2004 veröffentlichten Beitrag den nicht belegten Eindruck erweckt, Swiss habe sich damals bei einzelnen Treibstofflieferanten im Zahlungsrückstand befunden. Die Redaktion des «Tages-Anzeigers» und der Autor des Beitrags, Aviatikjournalist Sepp Moser, wären zudem verpflichtet gewesen, Swiss zu den im Beitrag enthaltenen schweren Vorwürfen vor der Publikation anzuhören, wie der Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme mitteilte.

Der Zürcher «Tages-Anzeiger» veröffentlichte im August 2004 einen Beitrag des Aviatikjournalisten Sepp Moser über die Fluggesellschaft Swiss und deren Finanzlage. Umstritten war insbesondere folgende Passage: «Auch bei diversen Treibstofflieferanten ist Unruhe festzustellen. Konkret geht es um Zahlungsrückstände. Ein Manager einer grossen Mineralölfirma sagt: `Angenommen, einer von uns verliert die Nerven und erklärt, dass er beispielsweise in Hongkong ab morgen nur noch gegen Bargeld liefern werde. Dann geht diese Nachricht via Buschtelefon innert weniger Stunden um die Welt und das Schlamassel ist da.` Bei Shell Schweiz hat man laut dem `Blick` hingegen `keine Probleme mit der Swiss`.» Die Swiss gelangte daraufhin mit einer Beschwerde gegen Sepp Moser an den Presserat. Der vom Presserat zur Stellungnahme eingeladene «Tages-Anzeiger» wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Die beanstandete Textpassage behaupte entgegen der Auffassung von Swiss gar nicht, diese befinde sich bei diversen Treibstofflieferanten im Zahlungsrückstand. Autor Moser wies zudem darauf hin, dass der Satz, «konkret geht es um Zahlungsrückstände» nachweislich nicht von ihm stamme, sondern nachträglich von der Redaktion eingefügt worden sei.

Der Presserat kommt in seinen Erwägungen zum Schluss, aufgrund der vom «Tages-Anzeiger» veröffentlichten Formulierungen habe der wahrheitswidrige Eindruck entstehen können, es gehe um konkrete Zahlungsrückstände. Dagegen erscheine es beim Originalmanuskript von Sepp Moser als wahrscheinlicher, dass lediglich von einem theoretisch denkbaren Szenario die Rede war. Weiter wären Autor und Redaktion verpflichtet gewesen, die Swiss vor der Publikation anzuhören, da im Text selbst ohne die redaktionellen Zusätze schwere Vorwürfe gegen die Fluggesellschaft erhoben wurden. Hingegen trat der Presserat auf das Begehren der Swiss nicht ein, er möge besondere, erhöhte journalistische Sorgfaltspflichten für Expertinnen und Experten postulieren. Er hält dazu fest, die Einhaltung der berufsethischen Standards genüge auch bei Journalistinnen und Journalisten, die sich einen Expertenstatus zugelegt haben. Die Stellungnahme im Wortlaut: http://www.presserat.ch/21780.htm