Tele 1 hat mit der Aussage, der «Wahlsong» des SVP-Grossratskandidaten Anian Liebrand enthalte nationalsozialistische Inhalte, die Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Wahrheit) verletzt. Dies stellte der Schweizer Presserat fest und hat eine entsprechende Beschwerde des betroffenen Politikers teilweise gutgeheissen.
Am 28. Februar 2011 strahlte der Zentralschweizer Lokalfernsehsender Tele 1 in den «Nachrichten» einen Beitrag mit dem Titel «Zündstoff-Video» über den «Wahlsong» des Luzerner SVP-Grossratskandidaten Anian Liebrand aus. In der Anmoderation sagte die Moderatorin unter anderem, das Wahlkampfvideo enthalte nationalsozialistische Aussagen und erinnere an die nationalsozialistischen Zeiten in Deutschland. Im Beitrag selber hiess es unter anderem, Liebrand wünsche sich eine Schweiz ohne Ausländer.
Am 2. März 2011 stellte Tele 1 - wiederum in den «Nachrichten» - den Beitrag vom 28. Februar richtig. Die Aussage, der «Wahlsong» von Anian Liebrand enthalte nationalsozialistische Inhalte, sei nicht korrekt. Vielmehr erinnere der Song lediglich an den Nationalsozialismus, wie eine Umfrage bei verschiedensten Personen ergeben habe.
Dennoch beschwerte sich Anian Liebrand gegen die Berichterstattung von Tele 1 über seinen «Wahlsong», die gegen die Ziffern 1 (Wahrheit), 7 (sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie gegen das der «Erklärung» zugrunde liegende Fairnessprinzip verstosse. Insbesondere die «ungeheuerliche Behauptung» der Moderatorin, sein Wahlsong enthalte «nationalsozialistische Aussagen» und erinnere an «nationalsozialistische Zeiten in Deutschland» entbehre jeglicher Grundlage. Es komme einem nicht zu akzeptierenden Rufmord gleich, wenn ein Fernsehsender «eine demokratisch gesinnte politisch tätige Person mit einem Terrorregime in Verbindung setze, unter dem Millionen von Menschen in unwürdigster Weise leiden mussten - ohne dies auch nur ansatzweise zu begründen». Unwahr sei zudem auch die im Beitrag geäusserte Behauptung, er wünsche sich «eine Schweiz ohne Ausländer». Zudem habe der Lokalfernsehsender eine unzureichende Richtigstellung ausgestrahlt. Darin distanziere sich Tele 1 nicht von seinem «Nazi-Vergleich», sondern bekräftige diesen sogar noch.
Tele-1-Chefredaktor Oliver Kuhn wies die Beschwerde namens der Redaktion von Tele 1 als unbegründet zurück. Gespräche mit verschiedenen Experten aus den Bereichen Politik, Rassismus und Kommunikation hätten gezeigt, dass sich die Befragten durch den «Wahlsong» von SVP-Kantonsratskandidat Anian Liebrand an den Nationalsozialismus erinnert fühlten. Im Beitrag habe es allerdings fälschlicherweise geheissen, der Song habe nationalsozialistische Inhalte. Auf entsprechende Reklamation von Anian Liebrand hin habe dies Tele 1 jedoch richtiggestellt und betont, dass der Inhalt die von der Redaktion befragten Personen lediglich an den Nationalsozialismus erinnere. Mithin habe Tele 1 richtiggestellt, was richtigzustellen gewesen sei.
In seinen Erwägungen hält der Presserat fest, dass der Vorwurf, der «Wahlsong» des Beschwerdeführers enthalte nationalsozialistische Inhalte, unzutreffend ist. Der Songtext entstamme, wie dies auch ein Kommunikationsexperte im Beitrag vom 28. Februar 2011 festhält, vielmehr gängigem SVP-Vokabular. Nicht als wahrheitswidrig erscheint laut Presserat in diesem Kontext hingegen die weitere Aussage der Moderatorin, Liebrand wünsche sich in seinem Lied eine Schweiz ohne Ausländer. Auch wenn der Beschwerdeführer dies im Lied nicht wörtlich so singt, würden die Zuschauer von Tele 1 durch die journalistische Zuspitzung nicht getäuscht.
Aufgrund dieser Erwägungen hat der Presserat die Beschwerden gemäss Ziffer 7 (sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie gegen das der «Erklärung» zugrunde liegende Fairnessprinzip abgelehnt und lediglich die Beschwerde gemäss Ziffer 1 gutgeheissen.