Unter dem Titel «Spitalzentrum Biel. Der grosse Krach» berichtete Hans-Ueli Aebi in der Ausgabe vom 29./30. September 2010 in der Gratiswochenzeitung «Biel Bienne», entgegen der anderslautenden Behauptung des bernischen Gesundheitsdirektors, Philippe Perrenoud (SP), habe der Konflikt im Spitalzentrum Biel (SZB) «sehr wohl mit der Entlassung von Paul Knecht zu tun». Ein Gutachten habe «wachsende Spannungen im Verwaltungsrat» und eine «kontinuierliche Abnahme der Vertrauenskultur» festgestellt. Gestützt darauf habe Perrenoud angeordnet, dass die Verwaltungsratspräsidentin Irène Truffer sowie die Verwaltungsräte Andreas Sutter, Michel Vogt und Christoph Zenger «ihren Sitz Ende 2010 räumen». Über Ursachen und Hintergründe schweige die Gesundheitsdirektion. Auch werde das Gutachten nicht veröffentlicht.
Am 22. Oktober 2010 gelangte die anwaltlich vertretene Irène Truffer mit einer Beschwerde gegen den obengenannten Bericht von «Biel Bienne» an den Presserat. Hans-Ueli Aebi habe Irène Truffer am 27. September 2010, 17.16 Uhr, per E-Mail verschiedene Fragen zu «Vorgängen im VR des SZB» unterbreitet und ihr eine Antwortfrist bis am 28. September 2010, 10.00 Uhr, gesetzt. Obwohl für sie offensichtlich gewesen sei, dass sich der Journalist einzig auf «Behauptungen und Unterstellungen von Herrn Knecht stützte», habe die Beschwerdeführerin die gestellten Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet. Der tags darauf erschienene Artikel habe die Stellungnahme jedoch praktisch überhaupt nicht berücksichtigt. Und zu zentralen Unterstellungen sei weder Christoph Zenger noch die Beschwerdeführerin angehört worden.
Der Presserat hat diese Beschwerde teilweise gutgeheissen. «Biel Bienne» habe mit der Veröffentlichung des Berichts «Spitalzentrum Biel. Der grosse Krach» vom 29./30. September 2010 die Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Anhörung bei schweren Vorwürfen) verletzt. «Mehr als kritisch erscheint zunächst der sehr späte Zeitpunkt der Kontaktnahme von `Biel Bienne` mit der Beschwerdeführerin», teilt der Presserat mit. Vielmehr wäre es ihm unter den gegebenen Umständen möglich und zumutbar gewesen, die Beschwerdeführerin zusätzlich auch telefonisch über die kurzfristige Anfrage zu informieren beziehungsweise telefonisch nachzuhaken, als die erwartete Antwort nicht bei ihm eintraf. Zudem wäre der Journalist zumindest verpflichtet gewesen, im Artikel anzumerken, dass bis zum Redaktionsschluss keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin zu den ihr unterbreiteten Vorwürfen eingegangen sei.
Weiter stellt der Presserat fest, dass die E-Mail des Journalisten an die Beschwerdeführerin eine Reihe der im Artikel gegenüber ihr erhobenen Kritikpunkte nicht erwähnt. Neben der Beschwerdeführerin hätte «Biel Bienne» schliesslich auch Verwaltungsrat Zenger anhören müssen, dem der Artikel immerhin vorwirft, er habe sich mit den anderen Verwaltungsräten überworfen, habe Kader und Mitarbeiter gemassregelt und sei mithin zusammen mit der Beschwerdeführerin mitverantwortlich am ganzen «Debakel».