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Dienstag
04.12.2007

Die journalistische Befragung von mutmasslichen Tätern und Opfern während eines Strafverfahrens wegen sexuellen Missbrauchs ist zulässig, sofern die Statements den gesellschaftlichen Hintergrund erhellen. Dabei sei die Anonymität der Betroffenen jedoch strikte zu wahren. Darauf weist der Schweizer Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme hin.

Im März 2007 berichteten die Medien schweizweit über einen Fall sexuellen Missbrauchs bei Minderjährigen im Freiburger Sensebezirk. Dabei wurden verschiedene in die «Affäre von Schmitten» verwickelte Personen befragt und in Medienberichten zitiert. Der Staatsrat des Kantons Freiburg reichte daraufhin gegen die Zeitungen «Le Matin», «SonntagsBlick», «L`Hebdo» sowie die Fernsehsendungen «Infrarouge» und «10 vor 10» Beschwerde wegen Verletzung der Privatsphäre der mutmasslichen Täter und Opfer sowie des Diskriminierungsverbots ein.

Die betroffenen Medien wiesen die Beschwerde als unbegründet zurück. Der Presserat erinnert in seinen Erwägungen daran, dass bei Sexualdelikten – besonders wenn Minderjährige als Opfer oder Täter betroffen sind – ein ganz besonders sorgfältiges Vorgehen erforderlich sei. Die Befragung minderjähriger Opfer und mutmasslicher Täter sei im konkreten Fall jedoch zulässig gewesen, da sie das Verständnis des gesellschaftlichen Hintergrunds der Affäre gefördert habe. Zudem sei die Anonymität der Betroffenen in den beanstandeten Medienberichten grösstenteils rigoros gewahrt worden.

Einzig bei einer Reportage von «L`Hebdo» beanstandet der Presserat, das Bild eines mutmasslichen Opfers sei ungenügend gepixelt worden, weshalb die Privatsphäre verletzt sei. Nicht verletzt sei hingegen das Diskriminierungsverbot. Die Nennung der Herkunft der Betroffenen sei im Kontext der öffentlichen Debate über die Integration der jungen Ausländer gerechtfertigt gewesen und habe nicht diskriminierend gewirkt.