Eine verdeckte Recherche der Sendung «Kassensturz» bei Schönheitschirurgen war durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt und durch eine andere, offene Recherche nicht zu ersetzen. Die Bild- und Tonaufnahmen waren zulässig. Die betroffenen Ärzte wurden anschliessend über die Recherche informiert und bekamen Gelegenheit, zur Kritik an ihrem Beratungsgespräch Stellung zu nehmen. Zudem konnten sie die Ausstrahlung der sie betreffenden Bild- und Tondokumente untersagen. Zu dieser Beurteilung gelangt der Schweizer Presserat in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme.
Im Dezember 2006 hat die Sendung «Kassensturz» des Schweizer Fernsehens einen Beitrag zum Thema «Schönheitschirurgie» ausgestrahlt, der Beratungsgespräche von acht namentlich genannten Ärzten versteckt aufgenommen hatte. Die Betroffenen konnten sich nachträglich vor der Kamera oder schriftlich äussern. Zwei Ärzte untersagten, das sie betreffende Filmmaterial auszustrahlen. Ein vom Beitrag nicht unmittelbar betroffener plastischer Chirurg gelangte mit einer Beschwerde an den Presserat und rügte, der Beitrag verletze die Privatsphäre der darin genannten Ärzte. Das Schweizer Fernsehen äusserte sich wegen weiteren hängigen zivil- und strafrechtlichen Verfahren nicht dazu.
Der Presserat verneint eine Verletzung der Privatsphäre, zu der ein Arztbesuch für die Patientinnen und Patienten, nicht aber die Arztpraxis als Gewerberäumlichkeit, gehöre. Im konkreten Fall sei die fiktive Patientin eine als «Lockvogel» des «Kassensturz» eingesetzte kantonale Schönheitskönigin logischerweise einverstanden gewesen, dass ihre Arztkonsultation in Wort und Bild aufgezeichnet würde. Angesichts der grossen Zahl und der wirtschaftlichen Bedeutung von ästethisch-medizinischen Behandlungen sowie der anhaltenden gesundheitspolitischen Debatte über die fragwürdige Vorbildrolle untergewichtiger Models habe ein öffentliches Interesse an den verdeckt recherchierten Informationen bestanden.
Die bedenkliche Neigung zahlreicher Schönheitschirurgen, den Wunsch einer Patientin nach einer Operation auch dort zu erfüllen, wo er ihnen als offenkundig unvernünftig erscheinen müsste, hätte zudem kaum anders überzeugend belegt werden können. Schliesslich habe der «Kassensturz» alle betroffenen Ärzte nachträglich über die Film- und Tonaufnahmen informiert und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Ebenso sei der Wunsch von zwei Ärzten respektiert worden, welche die Ausstrahlung der sie betreffenden Aufnahmen untersagten, heisst es in der Beschwerde-Antwort des Schweizer Presserates.
Dienstag
04.12.2007