Anonyme und sachlich nicht gerechtfertigte Vorwürfe verstossen gehen die Rechte und Pflichten des Journalismus. Zu diesem Schluss kommt der Schweizer Presserat in Zusammenhang mit einem in der Gratiszeitung «20 Minutes» publizierten Artikel.
In dem am 12. September 2013 veröffentlichten Artikel «Ce coach en enterprise est un filou sans le sou» werden schwere Vorwürfe gegen einen Unternehmensberater erhoben. Fünf Gewerbetreibende werden darin anonym zitiert. Sie bezeichnen den Berater als «wenig empfehlenswerten Scharlatan», «grossen Manipulator» und «mittellosen Schwindler.»
Der Beschuldigte wird mit den Worten zitiert, er sei Opfer von Repressalien. Ihm wird in dem Artikel keine Gelegenheit gegeben, sich zu den Vorwürfen zu äussern.
Der Presserat sieht daher das Anhörungsrecht des Beschuldigten verletzt. Er weist darauf hin, dass der Verfasser des Artikels den medienunerfahrenen Berater hätte informieren müssen, dass er das Recht hat, seine Zitate vor Publikation vorgelegt zu erhalten.
Ausserdem lese sich der Artikel wie eine Aneinanderreihung von anonymen und sachlich nicht gerechtfertigen Anschuldigungen. Er verstosse damit gegen die «Erklärung der Pflichten und Rechte von Journalistinnen und Journalisten», hält der Presserat in seiner Bewertung fest.