Nach der Ermordung der russischen Journalistin Anna Politkowskaja hat die Moskauer Zeitung «Nowaja Gaseta» am Donnerstag Fragmente eines unvollendeten Artikels veröffentlicht. Sein Titel ist «Wir nennen Dich einen Terroristen». Thema ist die Folter in Tschetschenien. Politkowskaja schrieb, dass die Polizei in der Teilrepublik verhaftete junge Männer foltere, um sie zu Geständnissen hinsichtlich Terrorismus zu zwingen. Anhand dieser falschen Aussagen würden «Strafverfahren wie am Fliessband produziert».
Die Journalistin zitierte aus dem Brief eines Tschetschenen namens Beslan Gadajew, der von der Ukraine an Russland ausgeliefert worden war. Er sei in Untersuchungshaft in Grosny mit Schlägen und Elektroschocks gequält worden, berichtete Gadajew. Ein weiterer Fall eines Mannes ist beschrieben, der über einen längeren Zeitraum von prorussischen Sicherheitskräften geschlagen und an eine Zimmerdecke gehängt wurde, um geständig gemacht zu werden. Ausserdem druckte die «Nowaja Gaseta» Bilder aus einem vermutlich von tschetschenischen Polizisten aufgenommenen Video, das Politkowskaja zugespielt worden sei. Darin werde die Folterung und Ermordung zweier Verhafteter gezeigt.
Die international anerkannte Menschenrechtsaktivistin und Reporterin Politkowskaja hatte den Artikel nicht vollenden können. Sie war am vergangenen Samstag in Moskau erschossen worden. Der Mörder wurde bislang nicht gefunden. Präsident Wladimir Putin verurteilte während seines Deutschlandbesuches den Anschlag. Gleichzeitig sagte er, die kritische Journalistin habe in Russland keine grosse Rolle gespielt. Ihr Tod schade der russischen Staatsmacht mehr als ihre Artikel. - Siehe auch: Eine Million Dollar auf Politkowskaja-Mörder ausgesetzt
Donnerstag
12.10.2006