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Mittwoch
25.06.2008

Das Schweizer Bundesgericht hat den Freispruch der Zürcher Justiz für einen pädophilen Mann bestätigt, dem die Polizei bei einer verdeckten Internet-Fahndung eine Falle gestellt und ihn damit geschnappt hatte. Laut den Lausanner Richtern gilt die Falle der Polizei als verdeckte Ermittlung im Sinne des entsprechenden Bundesgesetzes. Als solche hätte für die Aktion eine richterliche Genehmigung eingeholt werden müssen.

Der heute 29-Jährige Pädophile hatte 2005 im Chat-Forum «Kidstalk» von Bluewin Kontakt mit «Manuela 13» aufgenommen. Hinter dem Pseudonym steckten Ermittler der Stadtpolizei Zürich. Der im Tessin wohnhafte Mann konfrontierte die vermeintlich Dreizehnjährige im Chat mit sexuellen Aufforderungen und Fragen. Er schlug vor, nach Zürich zu kommen, um im Auto «alles zu machen», und es wurde für den nächsten Tag ein Treffen am Hauptbahnhof vereinbart. Als der Mann am Treffpunkt erschien, wurde er festgenommen.

Gleichzeitig stellt das Bundesgericht klar, dass die notwendige richterliche Bewilligung bereits eingeholt werden kann, bevor es zu einem verdächtigen Chat gekommen ist. Es sei kaum praktikabel, wenn dies erst möglich sei, nachdem der mutmassliche Täter einem vermeintlichen Kind sexuelle Vorschläge und Anträge gemacht habe. Vielmehr genüge als Voraussetzung für einen Verdacht die Erfahrungstatsache, dass sich in Chats für Kinder und Jugendliche auch pädosexuelle Erwachsene tummeln würden.

Obschon damit ein Pädophiler seinen Fahndern entkommen konnte, begrüsst der Zürcher Rechtsanwalt und Medienrechtler Prof. Urs Saxer den Entscheid auf Anfrage des Klein Reports, da er das Bewilligungserfordernis zum Schutz des Individuums konsequent schütze. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers.

Mit verdeckten Recherchen von Medienschaffenden habe dies aber nichts zu tun, betonte er weiter. Saxer wörtlich: «Bei verdeckten Ermittlungen geht es um ein Handeln des Staates, das rechtsstaatlich kontrolliert werden muss. Bei der verdeckten Recherche geht es um etwas anderes: um die Fairness bei der Informationsbeschaffung im Hinblick auf eine Veröffentlichung.»