Der seit langem anhaltende Knatsch um die politische Einflussnahme im österreichischen ORF-Fernsehen wirkt bis in den deutschsprachigen Gemeinschaftssender 3sat hinein. Ein für Donnerstag angesetzter Beitrag dazu auf 3sat wurde abgesetzt, berichteten die Nachrichtenagenturen. 3sat, ein Gemeinschaftssender von ORF, Schweizer Fernsehen (SF), ZDF und ARD, bestätigte, dass der im Magazin «Kulturzeit» geplante Beitrag «SOS ORF» über die Querelen im Sender verschoben wurde. Die Mitglieder der Kulturredaktion hätten sich geeinigt, den Beitrag zwischen dem 14. und 19. Juni auszustrahlen, sagte ein Sprecher.
Der Beitrag werde mit «neuen Fakten angereichert und möglicherweise auch einer Stellungnahme von ORF-Generaldirektorin Monika Lindner». Die journalistische Sorgfalt gebiete, alle Seiten zu hören, hiess es am Donnerstag weiter. Im Mittelpunkt des Streits zwischen grossen Teilen der ORF-Redaktionen und der Leitung des Senders steht die nach Angaben der Journalisten «übermässige politische Einflussnahme» der ORF-Führung auf die Programmgestaltung.
Öffentlich wurde der Streit durch eine Dankesrede des ORF-Nachrichtenmoderators Armin Wolf, der nach einer Preisverleihung die Einflussnahme der Politiker kritisierte. Höchst umstritten war auch die Teilnahme der ORF-Chefin Lindner an der Wahlkampf-Eröffnung der konservativen Volkspartei. Der konservative Kanzler Wolfgang Schüssel hatte nach seiner Regierungsübernahme im Jahr 2000 über ein neues Mediengesetz alle Schlüsselstellungen im ORF mit treuen Parteigängern besetzt. Dies wurde mit dem Hinweis verteidigt, die Sozialdemokraten hätten das während ihrer Regierungszeiten kaum anders gemacht.
Donnerstag
08.06.2006