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Mittwoch
15.02.2012

Auf Facebook hat Norbert Neininger, der Chefredaktor und Verleger der «Schaffhauser Nachrichten» (SN), seit dem Wochenende einen neuen Kontrahenten: Jarbert Janinger heisst dieser und bezeichnet sich selbst als «Gegengift» zum SN-Verleger. Bereits am Sonntag zählte das Profil 70 Freunde, darunter etwa SP-Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf, FDP-Kantonsrat Christian Heydecker, FDP-Grossstadtrat Martin Egger oder AL-Kantonsrat Florian Keller.

Hinter dem Pseudonym verbergen sich mehrere Personen, die nach der Debatte um den Lehrerstreik in Schaffhausen, der am Montag stattfand, genug von der Berichterstattung in den SN hatten. «Ich hab die `Schaffhauser Nachrichten` so was von satt», teilte Jarbert am Wochenende auf seinem Profil noch im Singular mit und forderte zu Guerilla-Kommunikation auf: «Wir informieren uns gleich selbst und ich hoffe, dass sich hier viele Beiträge finden werden, bestimmt auch solche, die bei den SN wohl nie abgedruckt worden wären.»

Bei der Erklärung zur Motivation gegenüber dem Klein Report wurde dann aber plötzlich ein Plural aus Jarbert: «Der Auslöser kam uns mit der Debatte bei den Lehrern und einem Kommentar, der den Lehrern vorwarf, auf hohem Niveau zu jammern.» Deshalb kündigte Jarbert auch gleich an, mittels Recherche die Löhne sämtlicher Mitarbeiter des Meier & Cie. Verlages offenzulegen. «Der Verdacht liegt nahe, dass vielleicht die Journalisten eher besser bezahlt sind als die Lehrer.»

Die SN sind bereits aufgeschreckt und haben Kontakt mit mindestens einem Politiker aufgenommen, der mit Jarbert Janinger befreundet ist: Martin Egger. «Ich bin ein interessierter Leser und Abonnent der SN», teilte dieser am Montag dem Klein Report mit. Falls er «die `Schaffhauser Nachrichten` sowas von satt» hätte wie Jarbert, würde er das Abo kündigen. Er habe aber wahrgenommen, dass Leute mit den SN unzufrieden seien. «Wenn es brodelt, dann will ich wissen, was da läuft», begründete er seine Freundschaft. Angesichts des Rummels, den die Facebook-Freundschaft ausgelöst habe, werde er diese nun aber wohl aufkündigen.

Christian Heydecker hat - kaum war die Anfrage des Klein Reports verschickt - die Freundschaft bereits aufgekündigt. «Als ich gesehen habe, dass es sich um einen anonymen, verdeckten Facebook-Account handelt, habe ich die Freundschaft natürlich wieder gelöscht», sagte er am Montag gegenüber dem Klein Report. Regierungsrätin Ursula Hafner-Wipf wiederum wusste nicht einmal von der Freundschaft und gab an, dieser Sache nachzugehen. «Man kann mit den SN zufrieden sein oder nicht - aber es ist die einzige Tageszeitung», meinte sie am Montag gegenüber dem Klein Report. Weiterhin ein Freund von Jarbert ist allerdings AL-Gründer Florian Keller. «Als Politiker kann ich es mir nicht leisten, nicht dabei zu sein.» Es handle sich bei der Freundschaft aber auch bei ihm um kein spezielles Statement gegen die «Schaffhauser Nachrichten».

Bisher sind die Facebook-Einträge vor allem auf den Lehrerstreik konzentriert, aber das soll ausgeweitet werden. «Wir planen derzeit eine Recherche zu den Journalistenlöhnen. Das ist überaus spannend, denn wir werden nicht nur den Lohn, sondern auch die damit verbundene Leistung erheben.»

«Es herrscht eine allgemeine Hassliebe gegenüber der Zeitung», so Jarbert gegenüber dem Klein Report. «Viele sagen uns unverblümt, man müsse halt Bescheid wissen, wenn jemand gestorben sei, oder man lese sie wegen den Veranstaltungshinweisen.» Die Gruppe, welche das Profil betreibt, kündigte auf ihrer Facebook-Pinnwand an, «irgendwann den Schleier zu meiner Person zu lüften».