Content:

Mittwoch
11.01.2012

Wie mächtig ist der politische Journalismus? Diese Frage diskutierte eine Gesprächsrunde an der Tagung des Deutschlandfunks zum «Ort des Politischen in der digitalen Medienwelt» in Köln. Die Antwort war nicht eindeutig. Aber «nichts bedroht Mächtige mehr als Transparenz», sagte Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, zur Rolle des politischen Journalismus. Roger Blum war vor Ort und berichtet für den Klein Report.

Die Runde war sich einig, dass die deutschen Medien im Fall von Bundespräsident Christian Wulff ihre Rolle überzeugend wahrgenommen haben. Aber waren sie mächtig? Bislang widersetzte sich Wulff ihrer Forderung nach Rücktritt. Jörg Schönenborn, Chefredaktor des WDR-Fernsehens, wies darauf hin, dass im Netz die Meinung über Christian Wulff eindeutig negativ sei, dass aber die in Umfragen ermittelte öffentliche Meinung zu einem anderen Schluss komme.

Der Einfluss des Internets auf den politischen Journalismus war ein wichtiger Diskussionspunkt. Wolfgang Büchner, Chefredaktor der Deutschen Presse-Agentur (dpa), strich heraus, dass das Netz den Journalismus kontrolliere. «Journalisten können nicht mehr die Besserwisser sein.» Aber der Dschungel werde immer dichter. Umso wichtiger werde der Wegweiser, der Journalist sei dieser Guide. Seine Aufgabe, zu verifizieren und zu falsifizieren, habe an Bedeutung zugenommen. Die Nachrichtenauswahl werde schwieriger wegen der Vielzahl an Quellen, aber auch leichter wegen der Verbesserung der Instrumente wie zum Beispiel der Social Media. Auch die dpa nutze diese, und zwar sehr bewusst. Und sie sehe sich als «Wasserwerk der Demokratie», das alle Medien mit dem nötigen Wasser versorge.

Zu reden gab das Phänomen, dass Journalisten immer häufiger SMS aus politischen Sitzungen heraus erhalten, aber nicht sicher sein können, ob die Inhalte stimmen. Susanne Höll, Parlamentskorrespondentin der «Süddeutschen Zeitung», wies darauf hin, dass es in der Regel Journalisten seien, die Politiker per SMS um rasche Auskunft bitten. Auch hier brauche man zwei Quellen. Wenn sich zwei Antworten widersprechen würden, empfehle es sich, eine dritte Person per SMS anzupeilen, um herauszufinden, was stimmt. Günter Bannas, Parlamentskorrespondent der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», ergänzte, dass Journalisten nur selten wirklich dabei seien. Sie sitzen weder im Bundeskabinett noch in den Parteipräsidien, seien also auf Informanten angewiesen.

Bodo Hombach, einst sozialdemokratischer Kanzleramtsminister und seit 2002 Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, definierte die Rolle des politischen Journalismus so: Er sei dann mächtig, wenn er der politischen Macht ein kritisches Gegenüber biete. Er sei machtlos, wenn er diese Verantwortung aus Feigheit oder Faulheit nicht wahrnehme. Der investigative Journalismus sei konstitutiv für die Demokratie: «Es gibt für die Macht und die Mächtigen nichts Bedrohlicheres als die Transparenz.»

Günter Bannas diagnostizierte eine besondere Herausforderung für den politischen Journalismus darin, dass die Entscheide immer mehr in andere Bereiche abwandern, beispielsweise nach Brüssel. Jörg Schönenborn fragte sich, ob der politische Journalismus die «richtigen» Mächtigen beobachte. Denn immer mehr seien neben der Europäischen Union die internationalen Konzerne sowie die Finanzmärkte die wirklichen Treiber, und nicht mehr Regierung und Parlament in der eigenen Hauptstadt.