Am 23. April 1946 ist sie das erste Mal erschienen - und feierte am Sonntag ihren 60. Geburtstag als wohl dienstälteste linke Tageszeitung Deutschlands: «Neues Deutschland» (ND). «Ein Grund zum Feiern?», fragt Jürgen Reents, ND-Chefredaktor seit April 1999. «Ja, mit Erläuterung», gibt dieser sich selbst die Antwort und schreibt auf der Homepage des Blattes die auch ziemlich turbulent verlaufene Geschichte des Blattes, das erst im Dezember 1990 von Blei- auf Fotosatz umgestellt hatte. «Heute ist ND die überregionale Qualitätszeitung, bei der man getrost anmerken darf, dass sie ein Meinungsblatt ist. Geschrieben aus dem Blickwinkel derjenigen, denen Unrecht widerfährt. Mit einem wertenden Blick hinter die Kulissen von Macht- und Herrschaftsstrukturen. Mit einem journalistischen Engagement, das Kriegsgefahren, Fremdenfeindlichkeit und soziale Not nicht allein als nachrichtlichen Stoff, sondern als gesellschaftliches Übel behandelt, zu deren Bekämpfung auch die Medien - gerade sie! - täglich aufgerufen sind», schreibt Reents.
«Also? Ein Grund zum Feiern - 60 Jahre sind bestanden, weitere dürfen kommen. Mögen es die noch besseren werden», hofft der Chefredaktor. ND sei als überregionale Tageszeitung im Osten weit verbreitet, der Westen sei «für uns ein schwieriges Terrain» geblieben. Mit seinem dortigen Verkaufsanteil stehe ND an einer Fünf-Prozent-Hürde, die auch anderen ein unwirtlicher Berg ist. Manch Vorbehalt gründe, verstehbar, auf der ND-Geschichte, gibt sich Reents selbstkritisch.
Zu ihren «besten» Zeiten, als das Blatt noch Sprachrohr des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) war, belief sich die Auflage auf 1,1 Millionen Exemplare. Heute setzt die Zeitung an die 50 000 Exemplare ab und gehört nicht mehr der SED, aber ihrer Nachfolgepartei PDS, beziehungsweise Linkspartei. Der Altersdurchschnitt der Leserinnen und Leser liegt nach Angaben der Berliner Zeitung «Der Tagesspiegel» bei 65 Jahren.
Sonntag
23.04.2006