Bei Deutschlands grösstem TV-Konzern ProSiebenSat.1 ist die Handschrift des Belgiers Guillaume de Posch und des US-Unternehmers Haim Saban schon deutlich zu erkennen. Der neue Vorstandsvorsitzende und der Aufsichtsratschef trimmen die Senderkette auf Rendite. «Man sieht den Einfluss an den Zahlen und man sieht es teilweise auch am Programm», sagt ein hochrangiger Manager des Konzerns. So würden ausländische Formate schneller ihren Weg nach Deutschland finden und das Programm kurzfristiger umgestellt, um beispielsweise auf die Ansetzung der Konkurrenz zu reagieren.
Posch ist am Sonntag (8. August) 100 Tage im Amt. Nach der Kirch-Pleite und dem Besitzerwechsel sei endlich wieder Ruhe ins Unternehmen eingekehrt, heisst es beim Betriebsrat. «Die Zahlen sind picobello und die Stimmung ist nicht schlecht.» Posch sei zwar eher ein Zahlenmensch als ein Charismatiker, die Sender und das Unternehmen seien aber auf Kurs.
Saban hatte seinen Vertrauten Posch zum 1. Mai an die Konzernspitze beordert. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Urs Rohner ist Posch ein Medienmann. Er hatte seine Karriere nach dem BWL-Studium zwar beim Energiekonzern Tractebel begonnen. Nach einem Zwischenspiel bei McKinsey wechselte er aber schon vor mehr als zehn Jahren zur Compagnie Luxembourgeoise Telediffusion (heute RTL Group). Seit 1997 war er stellvertretender Geschäftsführer des Pay-TV-Unternehmens TPS in Frankreich.
Strittig ist im Hause, wie gross Poschs Einfluss schon im Programm zu erkennen ist. Derzeit fällt auf, wie stark der einstige Spielfilmsender Pro7 auf Reality-Formate wie «Die Alm» setzt. Die Sendung mit zweitklassigen Prominenten auf einer Alm in Südtirol war qualitativ umstritten. Die Urteile der Zuschauer im Pro7-Internetforum reichten von «Schrott» bis «Auf der Alm kann man Sachen lernen und sehen, wie die Bauern so arbeiten». Fest steht aber, dass die Sendung für Pro7 ein überraschender Quotenerfolg war.
Unter Posch sei auch in Zukunft zu erwarten, dass die Sender schnell auf internationale Trends reagieren. Der Belgier selbst kündigte an: «Wir werden unsere Sender noch schneller, noch lebendiger und noch emotionaler machen.» Auch beim Betriebsrat ist man davon überzeugt, dass die Qualität der Sender erhalten bleibt. Es solle bei «homöopathischen Dosen» von seichten Programmen bleiben.
Am 13. August legt die ProSiebenSat.1 Media AG ihre Zahlen für das erste Halbjahr vor. Posch hat bereits angedeutet, dass das Geschäft nicht schlecht gelaufen ist. Die Marktanteile steigen, und auch aus der Werbebranche kommen zarte Aufschwungsignale. Siehe auch Die Pläne der Herren Saban und Posch
Dienstag
03.08.2004