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Samstag
24.09.2005

Der Kooperations-Rat Schweiz-Russland will nächstes Jahr erstmals einen Journalistenpreis verleihen für Arbeiten, die sich in besonderer Weise um das Verhältnis zwischen den beiden Ländern verdient gemacht haben. Das kündete der Präsident dieses Rates, Werner Stauffacher, am Freitag in Bern an. An dem Anlass befasste sich der Berner Medienwissenschafter Roger Blum mit den Unterschieden der Mediensysteme der beiden Staaten. Dabei kam er zum Schluss, in beiden Ländern sei die Nähe des Journalismus zur Macht das Hauptproblem.

In der Schweiz stünden die Medien aus Harmoniebedürfnis nahe bei der Macht. Sie argumentierten staatsbürgerlich statt journalistisch, votierten für Konsens statt für Kampf, heisst es im Redetext von Roger Blum. In Russland stünden viele Medien wegen «Schockgefahr» nahe bei der Macht - aus Angst vor dem nächsten schockartigen Eingreifen des mächtigen Staates in die Medienfreiheit. Beide politischen Systeme, das schweizerische wie das russische, hätten wenig von den Medien zu befürchten, erklärte Blum am Freitag in Bern am zweiten Kongress des Kooperations-Rates, der dem Thema «Information schafft Kooperation» gewidmet war.

Hauptthemenfelder in der Russlandberichterstattung der Schweizer Medien sind Politk, Sport, Wirtschaft und Kultur, und zwar in der Gewichtung dieser Reihenfolge, erklärte Professor Siegried Quandt von der Universität Geissen. Er hatte das Bild Russlands in der deutschsprachigen Schweizer Presse analysiert und dabei sechs Tages- und Wochenzeitungen von Mitte Februar bis Mitte April 2005 untersucht. In der Berichterstattung überwiegen Nachrichten und Berichte, Kommentare kommen selten vor. Von 19 Kommentaren sind 14 negativ. Vor allem werden Mängel bei der Demokratisierung und Liberalisierung Russlands festgestellt. Die wirtschaftliche Zukunft wird eher düster gezeichnet. Kritisiert wird der Einfluss des Kremls auf die Medien. Die Zeitungen seien aber keineswegs darauf aus, ein negatives Bild Russlands zu zeichnen, heisst es in der Studie.