Der jüdische Schriftsteller Thomas Meyer kritisiert die Forderung des Schweizer Musiktalentes Nemo, Israel vom Eurovision Song Contest (ESC) auszuschliessen.
Die Vorbereitungen auf den Eurovision Song Contest in Basel laufen auf Hochtouren. Die Stadt rüstet sich für die grösste Party des Jahres – aber auch für einen Anlass, der mit grossen Sicherheitsrisiken verbunden ist.
Denn der Musikwettbewerb ist erneut Projektionsfläche für politische Auseinandersetzungen – und Ausgrenzungen. So sind diverse unbewilligte Demonstrationen und Aktivitäten von Pro-Palästina-Aktivisten angekündigt worden, wie der Klein Report berichtete. Diese gehen nicht selten mit antisemitischen Slogans einher.
Dazu passt das Statement des Schweizer Vorjahressiegers Nemo. Der nonbinäre Sänger aus Biel sagte in einem Interview mit der amerikanischen Online-Zeitung «Huffpost», dass er die Forderung nach einem Ausschluss von Israel wegen des Konflikts mit Palästina unterstütze.
Nun schaltet sich in der «SonntagsZeitung» der jüdische Schriftsteller Thomas Meyer in die Diskussion ein. Für ihn ist jede Form von Parteinahme in komplexen politischen Konflikten wie dem Israel-Palästina-Konflikt nicht nur unreflektiert, sondern auch gefährlich verkürzt.
Er bezeichnet Positionierungen wie diejenige von Nemo als «dumm» und sieht darin oft eher Ausdruck von persönlicher Eitelkeit als von wirklichem Verständnis für die Lage. Meyer betont, dass die Komplexität des Konflikts keine eindeutige Parteinahme erlaubt und es vielmehr darum gehen sollte, das Leid auf beiden Seiten empathisch anzuerkennen.
Meyer weist zudem darauf hin, dass die Schweiz ein spezifisches Antisemitismus-Problem habe, das oft durch eine vermeintliche Neutralität oder moralische Selbstgewissheit verdeckt werde. Viele Schweizer glaubten, per se keine Antisemiten sein zu können – was dazu führe, dass antisemitische Aussagen oft nicht als solche erkannt würden.
Meyer berichtet von persönlichen Erfahrungen, bei denen ihm stereotype oder verletzende Aussagen gemacht wurden, deren antisemitischer Charakter von den Äussernden nicht erkannt oder sofort relativiert wurde.
Statt Boykottaufrufen sollten Künstler und Künstlerinnen ihre Reichweite dafür nutzen, Empathie, Menschenrechte und Differenzierung zu fördern, so der Schriftsteller.