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Montag
12.03.2012

Mit «grossem Bedauern» nimmt der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV das Nein des Schweizer Stimmvolks zum Buchpreisbindungsgesetz zur Kenntnis. In der öffentlichen Diskussion über die Hochpreisinsel Schweiz und im Wissen darum, dass die vollen Konsequenzen der 2007 abgeschafften Buchpreisbindung erst in den kommenden Jahren deutlich sichtbar würden, sei es leider nicht gelungen, eine Mehrheit von den Vorteilen dieser einfachen, in sämtlichen Nachbarländern bewährten Regelung für eine Buchvielfalt zu überzeugen, schreibt der Verband in einem Kommuniqué vom Sonntag.

Der SBVV geht davon aus, dass sich die Schweizer Buchhandelslandschaft in den kommenden Jahren ohne gute Rahmenbedingungen weiter markant verändern wird, und zwar zu Ungunsten des unabhängigen Buchhandels. Eine Entwicklung, die auf lange Sicht nicht ohne negative Folgen für die Schweizer Verlagslandschaft und der damit verbundenen Förderung von Schweizer Autoren bleiben werde. «Um diesem Schaden zu begegnen, wird es an den Gegnern der Preisbindung sein, zu beweisen, dass ihre Versprechen im Abstimmungskampf für direkte Unterstützungsmassnahmen für die Schweizer Buchkultur keine Lippenbekenntnisse waren», so der SBVV. Trotz der Niederlage an der Urne freut sich der SBVV darüber, dass das Buch durch den Abstimmungskampf so grosse Aufmerksamkeit erhalten hat und sich so viele Leute aktiv für das Kulturgut Buch engagiert haben.

Marianne Sax, Präsidentin des SBVV und Buchhändlerin, meint zum Resultat: «Uns war von Anfang an klar, dass diese Abstimmung eine fast unmögliche Aufgabe werden würde. Deswegen hat unsere KMU-Branche die Gelegenheit für das Kulturgut Buch nutzen wollen. Das ist uns gelungen. Nie zuvor wurde landauf, landab so intensiv über das Buch debattiert. Die intensiven Diskussionen, die alle Buchhändlerinnen und Buchhändler mit ihren Kundinnen und Kunden in den vergangenen Monaten führten, die vielen Podiumsdiskussionen und Veranstaltungen mit Verlegern, Autoren und Buchhändlern waren beste Werbung für das Buch und die Schweizer Buchbranche.»

Dani Landolf, Geschäftsführer SBVV, ergänzt: «Das Nein zur Buchpreisbindung ist ein Nein für einfache und gute Rahmenbedingungen der Schweizer Buchbranche, die mitten in einem riesigen Strukturwandel steckt. Die Preisbindung hätte die Steuerzahler keinen Franken gekostet, alle Alternativen schon. Wir werden den selbsternannten Kulturförderern genau auf die Finger schauen, ob sie die den Schweizer Leserinnen und Lesern gemachten Versprechen nun auch tatsächlich einlösen werden.»

Auch Syndicom - die Gewerkschaft Medien und Kommunikation - bedauert, dass sich eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer am Sonntag gegen das Gesetz über die Buchpreisbindung ausgesprochen hat. Offensichtlich habe die - durchaus legitime - Debatte über die Hochpreisinsel Schweiz dazu geführt, dass zahlreiche Unentschlossene die Vorlage schliesslich ablehnten, um gegen die hohen Lebenskosten in der Schweiz zu protestieren, so Syndicom. Die Gewerkschaft fordert, dass die öffentliche Hand alle möglichen Massnahmen trifft, um die Erwartungen der kleinen Minderheit von Stimmberechtigten zu erfüllen, denen die Sicherung eines vielfältigen und allen zugänglichen literarischen Angebots ein Anliegen ist.

Naturgemäss anders als die Gewerkschaft stuft Economiesuisse das Resultat der Abstimmung ein: «Die Stimmberechtigten haben erkannt, dass die Buchpreisbindung weder die Büchervielfalt bewahren noch die Buchläden schützen kann», heisst es in der Stellungnahme des Wirtschaftsverbands. Der Buchhandel sei ein gut funktionierender Markt, der keiner staatlichen Regulierung bedürfe. Und weiter: «Eine fixe Preisbindung hätte den Markt verzerrt und die Bücher in der Schweiz verteuert - zu Lasten der Konsumentinnen und Konsumenten.» Die Ablehnung eines «Bücherkartells» sei ein Zeichen für mehr Wettbewerb und gegen die Hochpreisinsel Schweiz.

Auch das Abstimmungskomitee «Nein zu überteuerten Büchern» ist erfreut über das Abstimmungsresultat zur Buchpreisbindung. Mit der Buchpreisbindung hätte es nur Verlierer gegeben, an erster Stelle die Konsumentinnen und Konsumenten, so das Komitee. Und weiter: «Das Gesetz über die Buchpreisbindung war ein Flickwerk mit Lücken und vielen Fehlern. Es hätte die Branche nicht vor den Herausforderungen der Zukunft bewahren können.» Die Digitalisierung und der Onlinehandel seien die wahren Herausforderungen der Branche. Die Buchpreisbindung hätte aber genau bei diesen Entwicklungen in die falsche Richtung gewirkt, so das Komitee. Denn das E-Book wäre nicht unter die Preisbindung gefallen, und die Regelung des Onlinehandels sei unklar gewesen. Es könne ausserdem nicht im Sinne eines Schweizer Gesetzes sein, die Hochpreisinsel Schweiz weiter zu zementieren und Schweizer Kaufkraft ins Ausland abwandern zu lassen.

In der Romandie bleibe die Situation jedoch unbefriedigend. Das Komitee «Nein zu überteuerten Büchern» hat bereits im Vorfeld der Abstimmung einen Brief an die Wettbewerbskommission gesendet und sie aufgefordert, das sistierte Verfahren gegen das Importkartell in der Romandie wieder aufzunehmen. «Das Komitee hofft, dass die Weko dieses Kartell bis Ende 2012 zerschlagen kann und so für vernünftige Preise in der Romandie sorgt», heisst es abschliessend in der Stellungnahme.