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Sonntag
14.05.2006

Im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg haben wortgewandte Autoren am Freitagabend den Henri-Nannen-Preis erhalten. Zum zweiten Mal hatten Europas grösster Zeitschriftenverlag Gruner+Jahr und sein Magazin «Stern» in das Theater eingeladen, um journalistische Bestleistungen zu prämieren. Als Preisträger ging Bartholomäus Grill hervor, der in der Wochenzeitung «Die Zeit» unter dem Titel «Ich will nur fröhliche Musik» den letzten Weg seines krebskranken Bruders bis zum «assistierten Freitod» in der Schweiz darstellte. Grill habe diesen «tiefpersönlichen Vorgang» meisterlich beschrieben, lobte als Laudator der Herausgeber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», Frank Schirrmacher, berichtete die Nachrichtenagentur dpa am Samstag.

Zum zweiten Mal bekam «Zeit»-Journalist Stefan Willeke den «Henri» überreicht. Gemeinsam mit seinem Kollegen Henning Sussebach verfasste er nach 32 spesentreibenden Recherche-Flügen ein «Lehrstück über die Globalisierung» anhand der Produktion eines Rasierapparates und entschied damit die Kategorie «Dokumentation» für sich.
Über den Preis, eine Büste von «Stern»-Gründer Henri Nannen und 5000 Euro durfte sich auch Kayhan Özgenc freuen, weil er als erster das «System von Begünstigung und Lustgewinn» beim Autohersteller VW im Nachrichtenmagazin «Focus» aufdeckte und die VW- Affäre lostrat (Investigative Leistung). Für seinen Humor wurde Kurt Kister von der «Süddeutschen Zeitung» ausgezeichnet, der in seiner Kolumne «Das Personal der Berliner Republik» porträtierte, teils persiflierte.

Erstmals gab es einen Sonderpreis der «Stern»-Chefredaktion, der an die «Times Picayune» in New Orleans ging. Die Redakteure wurden für ihren unermüdlichen Einsatz inmitten der vom Wirbelsturm Katrina ausgelösten Katastrophe gewürdigt. Sie berichteten unter auch persönlich schweren Bedingungen und brachten Notausgaben der Gazette heraus. Für sein publizistisches Lebenswerk erhielt der Autor und Hitler-Biograf Joachim C. Fest die Nannen-Skulptur. Mit seinen Fotos über die schwer verletzt aus dem Irak-Krieg zurückgekehrte US-Soldatin Jessica Clements war Jim Gehrz erfolgreich. Der armenisch-türkische Journalist und Herausgeber der Wochenzeitung «Agos», Hrant Dink, nahm bewegt den Preis für sein Engagement für die Pressefreiheit entgegen und warb leidenschaftlich dafür, die Versöhnung zwischen Armeniern und Türken zu unterstützen.