Am Zürcher Leutschenbach steigt die Nervosität. Eine Umfrage von «Tamedia» und «20 Minuten» zeigt, dass die SVP-Initiative «200 Franken sind genug!» bei über der Hälfte der Bevölkerung Zustimmung findet, besonders bei Jüngeren.
Die Initiative will die Serafe-Gebühren von 335 auf 200 Franken senken und Unternehmen teilweise befreien – das Budget der SRG würde auf knapp 850 Millionen schrumpfen, so das Schreckensszenario der SRG.
Diese sieht deshalb faktisch den nationalen Zusammenhalt und die Schweizer Demokratie gefährdet. So drückte es zumindest Generaldirektorin Susanne Wille in der «Samstagsrundschau» auf Radio SRF1 in fast schon apokalyptischen Worten aus.
Dass nun die erwähnte Umfrage ausgerechnet in den Tamedia-Titeln (TX Group) publiziert wird, ist kein Zufall. Tamedia-Mitbesitzer Pietro Supino ist einer der wenigen Schweizer Medienchefs, der sich dem Schulterschluss des Verlegerverbands (VSM) mit der SRG entzieht – und sich so aus einem politischen «Hinterzimmer-Deal» heraushält.
Die Mediengewerkschaft SSM kritisiert den Deal zum Beispiel als «Einbahnstrasse». Von einer «echten Zusammenarbeit, wie es der Verlegerverband und die SRG kommunizierten, könne keine Rede sein, weil die vereinbarten Leistungen «ausschliesslich von der SRG an die Privaten erfolgen», so die Gewerkschaft, die viele SRGler vertritt. Denn die Gegenleistung des VSM beschränke sich auf die Ablehnung der Volksinitiative «200 Franken sind genug!». Allerdings sei hier nicht klar, wie das genau geschehen soll.
Politisch sind die Frontlinien klar gezogen. Die bürgerlichen Parteien (SVP, FDP) stehen auf Seiten der Initianten, die linken Parteien verteidigen die SRG. Das Zünglein an der Waage könnte die Mitte-Partei spielen.
Deren Nationalrat Martin Candinas stellt sich einmal mehr demonstrativ vor die SRG: Die Umfrage sei ein «Warnschuss». In unsicheren Zeiten müsse sich die Schweiz auf eine starke SRG verlassen können, argumentiert der Politiker.
Dabei blendet der Bündner aus, dass die SRG selber ein diffuses Spiel inszeniert: Durch die Kooperation mit dem Verband Schweizer Medien (VSM) sicherte sie sich die mediale Hoheit weit über den eigenen Wirkungskreis hinaus – und spült den willfährigen Verlagen durch zugesicherte Inserate nebenbei Geld in die Kassen.
Der Tamedia-Verlag unter Pietro Supino bleibt derweil aussen vor und wahrt eine unabhängige Position. Die «SonntagsZeitung», die die Umfrage publizierte, zeigt damit, dass nicht alle Medienhäuser bereit sind, die SRG vorbehaltlos zu stützen.
Es ist eine explosive Mixtur für den Medienplatz Schweiz. Die Umfrage, die politische Polarisierung und die wachsende Verzahnung mit privaten Verlagen verdeutlichen: Die SRG droht ihre Unabhängigkeit sogar dann zu verlieren, wenn sie die Abstimmung über die Inititative «200 Franken sind genug!» im kommenden März gewinnen sollte.
Gemäss Tamedia und 20 Minuten wurde die Umfrage, die von LeeWas gemacht worden ist, am 16. und 17. September durchgeführt. 14’775 Personen aus der ganzen Schweiz haben daran teilgenommen.
«LeeWas modelliert die Umfragedaten nach demografischen, geografischen und politischen Variablen. Der Fehlerbereich liegt bei 2,0 Prozentpunkten», schreibt «20 Minuten» dazu.