Sie ist die Grand Lady der Deutschschweizer Literatur- und Kulturszene. Die Bernerin Ruth Binde sammelt seit ihrem 14. Lebensjahr Autografen, also eigenhändige Niederschriften, Briefe, Zeichnungen oder Widmungen. Die rege rüstige Musen-Managerin hat tatkräftig am Aufbau des Diogenes Verlags mitgewirkt, zuletzt als Verantwortliche für Pressearbeit (bis 1972). Dann machte sich die Theater- und Literaturagentin 1973 selbstständig und gründete ihre eigene Presse- und PR-Agentur.
Sie animierte und realisierte die Gesprächsreihe «Bernhard Littéraire» im Zürcher Bernhard-Theater, die im Kaufleuten weiterlebt. Ruth Binde kennt Gott und die Schweizer Literaturwelt und mehr - von Max Frisch bis Hugo Loetscher, Franz Hohler oder Peter Bichsel. Aber auch Zeichner und Satiriker wie Sempé und Tomi Ungerer sowie Paul Flora und Loriot. Sie alle haben ihre Zeichen, Schriften, Autogramme, Bilder oder Briefe hinterlassen - bei der agilen und beredten Kulturvermittlerin Binde. Am 7. März wird sie 80 Jahre alt und hat beschlossen, sich von ihrer umfangreiche Sammlung an Widmungsexemplaren und Autografen zu trennen.0
Das geschieht nach der Vernissage am 2. März in einer Verkaufsausstellung bei Peter Bichsel an der Gerechtigkeitsgasse in Zürich (bis 23. März). Im Katalog sind sie alle aufgelistet, die kleinen und grossen Kostbarkeiten - von Erstausgaben mit Widmung, Büchern und Paperbacks. Beispielsweise von John le Carrés Spionageroman «Dame, König, As, Spion», der just neu verfilmt im Kino zu sehen ist, mit eigenhändiger Widmung des Autors «for Ruth Binde with warm wishes». Im Katalog sind knapp 400 Stücke oder Exemplare aufgelistet. Es sind aber mehr, versicherte Ruth Binde dem Klein Report, nämlich rund 500. Ein Grossteil ihrer Dokumentensammlung hat sie dem Zürcher Stadtarchiv vermacht. Möglich wäre mehr gewesen, aber die Behörden winkten ab. Für Liebhaber spezieller literarisch-zeichnerischer Kleinode ist der Binde-Fundus ein Füllhorn kultureller Dokumente. Die Trennung der Sammlerin von ihrer Sammlung wurde von Ruth Binde selbst initiiert. Es sei an der Zeit, meint «die Binde», irgendwann loszulassen. Das tut sie nun, doch das wird sie in ihrem Tatendrang nicht bremsen und lähmen. Weiter so!