Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist für Millionen von Internetnutzern ein unverzichtbares Nachschlagewerk geworden. Doch da jeder daran mitarbeiten kann, gibt es auch Probleme mit der Verlässlichkeit. Denn nicht alle Wikipedia-Zulieferer fühlen sich der Wahrheit verpflichtet: Ein neues Werkzeug namens Wikiscanner enthüllt, dass zahlreiche Unternehmen und Regierungsbehörden Einträge der englischsprachigen Version in ihrem Sinne verändert haben. Kritische Kommentare verschwanden ebenso wie ganze Einträge, die offenbar nicht in die Firmenpolitik passten.
So versuchte jemand von einem Rechner der israelischen Regierung aus, den Text über die Mauer in den palästinensischen Gebieten zu löschen. Übrig blieben wenige Sätze. Die Entscheidung der UNO, das umstrittene Bauwerk als illegal zu bezeichnen, sei «abscheulich, undemokratisch, illegal, rassistisch», heisst es nur noch. Der Ölkonzern Chevron-Texaco löschte demnach gleich den ganzen Text über Biodiesel. Und Microsoft liess eine kritische Passage über seine fehleranfällige Spielkonsole XBox 360 verschwinden.
Dass solches ausgekommen ist, ist dem US-Informatikstudenten Virgil Griffith zu verdanken, der das Recherchewerkzeug Wikiscanner entwickelt hat. Die Idee kam ihm, als publik wurde, dass Abgeordnete des US-Kongresses ihre eigenen Seiten geschönt hatten. «Bei nicht-kontroversen Themen funktioniert Wikipedia schon. Bei kontroversen Themen kann Wikipedia durch Instrumente wie dieses zuverlässiger werden», erklärt er auf seiner Internetseite - also indem politisch, religiös oder kommerziell motivierte Veränderungen offenkundig werden.
Die Betreiber von Wikipedia sehen die Veröffentlichungen betont gelassen. «Das ist nichts weltbewegend Neues», sagt Arne Klempert, Geschäftsführer der Wikimedia Deutschland. Alle Beiträge würden von den zahlreichen Autoren permanent überprüft. Nun sei nur «übersichtlich zusammengefasst», welche Unternehmen und Institutionen Wikipedia bearbeiteten.
Freitag
17.08.2007