Content:

Montag
17.11.2008

Der Mordprozess an der regierungskritischen russischen Journalistin Anna Politkowskaja wird gegen den Widerstand der Staatsanwaltschaft öffentlich verhandelt. Angehörige Politkowskajas hatten befürchtet, dass der Prozess wegen der Anklage gegen den Ex-Geheimdienst-FSB-Mitarbeiter Pawel Riagusow hinter verschlossenen Türen stattfinden könnte. Er soll Politkowskajas Adresse weitergegeben haben und hat durchgesetzt, dass der Prozess vor einem Militärgericht stattfindet.

Bei den anderen Angeklagten handelt es sich um den russischen Polizisten Sergej Chadschikurbanow sowie die tschetschenischen Brüder Dschabrail und Ibrahim Machmudow - zwei Geschwister des flüchtigen mutmasslichen Täters Rustam Machmudow, der in Westeuropa untergetaucht sein soll.

Die Anwältin Moskalenko wies darauf hin, dass die Vorermittlung nicht geklärt habe, «wer den Mord bezahlt hat». Zudem sei die Befragung von Ramsan Kadyrow, Russlands Statthalter in Tschetschenien, abgelehnt worden. Dieser habe Politkowskaja bedroht. «Die Ermittler haben auch die Tatsache ignoriert, dass der Mord am Geburtstag von Wladimir Putin verübt wurde», fügte die Anwältin hinzu.

Dmitri Muratow, Chefredaktor der Zeitung «Nowaja Gaseta», für die Politkowskaja geschrieben hatte, ist überzeugt, dass russische Geheimdienstagenten den Mord organisiert und koordiniert haben. Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen begrüsste, dass der Prozess öffentlich verlaufen solle. Trotzdem dürfe nicht vergessen werden, dass die Angelegenheit noch nicht abgeschlossen sei, erklärte die Organisation.

Politkowskaja war am 7. Oktober 2006 im Treppenhaus ihres Moskauer Wohnhauses erschossen worden. Sie gehörte zu den wenigen Journalisten in Russland, die etwa über den Feldzug der russischen Truppen in Tschetschenien kritisch berichtet und schwere Menschenrechtsverletzungen angeprangert hatten. Frühere Kollegen vermuten, dass ihr Tod im Zusammenhang mit einem geplanten Artikel über Folter in Tschetschenien stand.