Der Prozess um die Ermordung der russischen Journalistin Anna Politkowskaja wird neu aufgerollt. Der Oberste Gerichtshof in Moskau hat am Donnerstag die Freisprüche vom Februar aufgehoben und ist damit einem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Diese hatte Verfahrensfehler geltend gemacht. Damit müssen sich die drei Angeklagten - zwei Brüder aus Tschetschenien und ein Expolizist aus Moskau - erneut wegen des Todes der Kreml-Kritikerin verantworten.
Der Oberste Gerichtshof habe festgestellt, dass beim ersten Prozess Verfahrensregeln verletzt worden seien, sagte Gerichtssprecher Pawel Odinzow. Das Gericht habe einen neuen Prozess angeordnet. Die Freisprüche waren als Niederlage der russischen Regierung gewertet worden. Ihr war daran gelegen, mit einer Verurteilung der Angeklagten die internationalen Vorwürfe zu entkräften, Kreml-Kritiker könnten ermordet werden, ohne dass die Täter bestraft würden.
Die Familie Politkowskajas und Menschenrechtsaktivisten bemängelten jedoch, dass die Hintergründe der Bluttat immer noch nicht geklärt seien und die Angeklagten lediglich als Sündenböcke vor Gericht standen. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung «Nowaja Gaseta», für die Politkowskaja gearbeitet hatte, bezeichnete die Aufhebung der Freisprüche als politische Entscheidung. Für die Behörden sei es nur wichtig, dass in dem Fall irgendjemand ins Gefängnis gehen müsse.
Politkowskaja, die für ihre kritischen Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien bekannt war, wurde am 7. Oktober 2006 im Aufzug ihres Wohnhauses in Moskau erschossen. Der mutmassliche Mörder Rustam Machmudow floh nach Angaben der Staatsanwaltschaft ins Ausland. Dessen Brüder Ibrahim und Dschabrail Machmudow sowie der ehemalige Polizist Sergej Chadschikurbanow wurden wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und im Februar freigesprochen.
Donnerstag
25.06.2009