In der «Süddeutschen Zeitung» vom Samstag stand der Verleger Michael Ringier zu Themen wie Auflagenschwund des «Blick» oder die Zukunft seines Medienkonzerns Red und Antwort. Ringier werde oft als Übernahmekandidat gehandelt, warum?, wollte der Journalist der Münchner Tageszeitung wissen. «Sie müssen es bloss ein bisschen umformulieren. Wir sind ein Übernehmer-Kandidat. Wir sind gerade dran, einen dreistelligen Millionenbetrag in Akquisitionen zu investieren - von Online bis Print», kontert Michael Ringier im Gespräch. Wie die Zukunft des Unternehmens aussehe, könne er nicht voraussagen. Er hoffe, so Ringier, dass «möglichst viel von dem, was in 175 Jahren entstanden ist, erhalten bleibt». Aber es könne auch die Gelegenheit kommen, «die Unabhängigkeit der Firma aufzugeben».
Angesprochen auf die mögliche Fusion mit dem Axel-Springer-Verlagskonzern, meint Michael Ringier: «Ja, die Gespräche waren sehr weit gediehen. Denn wir mussten ja genau wissen, wozu wir ja oder nein sagen sollen. Aber die Fusion hätte das Ende der Firma Ringier bedeutet. Wir haben uns dagegen entschieden.» Aber Springer sei doch immer noch an einer Übernahme interessiert, hakt der Journalist nach. Das Problem sei, so der Verleger, dass er an Springer nur «verkaufen» könne. «Und darüber denken wir keine Sekunde nach, weder meine Schwester noch ich», doppelt Michael Ringier nach.
Die Gewinne bei Ringier kämen vor allem aus Osteuropa. Der «Blick» dagegen verliere dramatisch an Auflage, fragt der SZ-Gesprächspartner weiter, was tun Sie dagegen? «Von Dramatik reden immer nur die anderen. Der Blick hat über Jahre kontinuierlich Auflage verloren, prozentual etwa ähnlich wie die Bild-Zeitung, und die hat noch keine Konkurrenz durch Gratiszeitungen wie wir in der Schweiz. Das hat den Rückgang sicher noch beschleunigt. Anfang nächsten Jahres werden wir mit dem Blick als neukonzipierte Zeitung herauskommen», berichtet Michael Ringier.
Ob dann der «Blick» noch ein Boulevardblatt sei?, hält der Journalist dem Verleger entgegen: «Ja. Aber was ist heute das Konzept einer Boulevardzeitung? Will man all diese Sendungen bei RTL und Sat 1 noch an Schrägheit übertreffen? Das geht doch gar nicht. Früher war Boulevard oft dieselbe Nachricht anders angerichtet. Fröhlicher Titel, tolles grosses Foto, riesige Buchstaben - das gibt es nicht mehr. Heute ist die reine Nachricht überall frei verfügbar. Das bedeutet für uns, dass unsere Zeitung exklusiv sein muss. Es wird künftig mehr Magazingeschichten im Blick geben, längere Reportagen und Hintergrundstücke.»
Längere Reportagen bleibt das Stichwort, und Michael Ringier kommentiert die Neukonzeption des Boulevardblatts wie folgt: «Die Leute wollen nicht mehr für irgendwelche Banalitäten Geld ausgeben. Heute werden die Menschen von immer mehr Gratiszeitungen umworben und mit News überschüttet. Wir müssen mehr anbieten, aufwendigen Journalismus, anspruchsvollen Service und spektakuläre Inszenierung. Wir wollen auch mehr weibliche Leser für den Blick interessieren. Wenn Sie Frauen als Zielgruppe ernst nehmen, müssen Sie sich bei gewissen klassischen Boulevardelementen mehr Mühe geben. Der Themenbereich Sex und Erotik muss weniger plump, dafür spannender und interessanter daherkommen.»
Sonntag
30.09.2007