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Mittwoch
13.08.2008

Aufs falsche Pferd hat die Auswahlkommission des internationalen Wettbewerbs am Filmfestival in Locarno gesetzt. Der beste Schweizer Spielfilm seit Jahren, «Luftbusiness» von Dominique de Rivaz, wurde nicht berücksichtigt. Warum nicht, wissen die Götter und Festivaldirektor Frédéric Maire, und der will bis zum Festivalende über diese heikle Frage schweigen. Leichtfertig und fahrlässig wurde hier eine Chance vertan, sich mit einem hervorragenden Filmwerk international in Szene zu setzen. Nichts gegen den soliden provinziellen Schweizer Beitrag «Un autre homme» vom Lausanner Lionel Baier, aber an die tiefsinnige Milieustudie und Lebensparabel von Rivaz («Mein Name ist Bach») reicht Baiers Karriereepisode nie heran.

Anders de Rivaz: In einer anonymen deutschen Stadt hangeln sich drei Aussenseiter durchs harte Asphaltleben, bis einer auf die Idee kommt, sich Online - eBay lässt grüssen - anzubieten. Einer will seine Jugend, ein anderer die nächsten dreissig, vierzig Jahre seines Lebens und der dritte seine Seele verkaufen. Die Angebote steigen, und die Menschen verlieren Halt und Zusammenhalt. Den jüngsten Protagonisten des Trios am Rande der Gesellschaft spielt übrigens Shootingstar Joel Basman. Über die filmischen und thematischen Qualitäten der modernen Fabel «Luftbusiness» hinaus wurde Locarno-Beobachter Rolf Breiner einmal mehr von dieser speziellen Musik, die dem Film eine zusätzliche Dimension gibt, gefangen - gespielt, gesungen und vorgetragen von Martyn Jaques («The Tiger Lillies»). Eine Begegnung mit dieser Musiktruppe («The Shocked Headed Peter») am Zürcher Theaterspektakel ist ihm unvergessen geblieben.